Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. Schönheitsreparaturen. mietvertragliche Verpflichtung. Unwirksamkeit der formularmäßigen Übertragung nach einem "starren" Fristenplan

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Kosten für Schönheitsreparaturen (zB Auszugsrenovierung) können grundsätzlich Kosten der Unterkunft gem § 22 SGB 2 sein (vgl BSG vom 19.3.2008 - B 11b AS 31/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 10), die vom Grundsicherungsträger übernommen werden müssen.

2. Voraussetzung ist aber, dass der Hilfebedürftige zu der Durchführung der Schönheitsreparaturen tatsächlich rechtlich gegenüber seinem Vermieter verpflichtet ist. Das ist nicht der Fall, wenn der Mieter zur Durchführung der Schönheitsreparaturen nur durch einen vom Vermieter verwendeten Mietvertrag verpflichtet ist, der einen starren Fristenplan für die Schönheitsreparaturen vorsieht. Denn eine solche Klausel ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unwirksam (vgl BGH vom 5.4.2006 - VIII ZR 106/05 = NJW 2006, 2113).

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Kostenübernahme für Material zur Durchführung einer Auszugsrenovierung.

Der 1974 geborene Antragsteller zu 1) und die 1972 geborene Antragstellerin zu 2) stehen im laufenden Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin, der Trägerin der Grundsicherung in Bremen. Sie ziehen demnächst in eine neue, dann gemeinsame Wohnung um. Nach dem Mietvertrag der bisherigen Wohnung der Antragstellerin zu 2) in der T-Straße in Bremen hat diese - die Antragstellerin zu 2) - die Schönheitsreparaturen übernommen (§ 4 Abs. 1). Über die Ausführung der Reparaturen heißt es in dem Mietvertrag (§ 4):

“(Abs. 3 Satz 2) Die Schönheitsreparaturen sind nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen:

- in Küchen, Bädern und Duschen

alle drei Jahre,

(…)

- in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten

alle fünf Jahre

- in anderen Nebenräumen

alle sieben Jahre.

- (…)

(Abs. 5) Hat das Mietglied die Schönheitsreparaturen übernommen, so sind nach Abs. 3 und 4 fälligen Schönheitsreparaturen rechtzeitig vor Beendigung des Nutzungsverhältnisses nachzuholen.

(Abs. 6) Sind bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses Schönheitsreparaturen noch nicht fällig im Sinne von Abs. 3 und 4, so hat das Mietglied an die Genossenschaft einen Kostenanteil zu zahlen, da die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch das Mitglied bei der Berechnung der Nutzungsgebühr berücksichtigt worden ist. (…)

Der zu zahlende Anteil entspricht, soweit nach Abs. 4 nichts anderes gilt, dem Verhältnis zwischen den vollen Fristen lt. Abs. 3 und den seit Ausführung der letzten Schönheitsreparaturen bis zur Beendigung des Nutzungsverhältnisses abgelaufenen Zeiträumen.

Die Kostenanteile des Mitglieds werden zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verwendet (vgl. Abs. 2). Soweit das Mitglied noch nicht fällige Schönheitsreparaturen rechtzeitig vor Beendigung des Nutzungsverhältnisses durchführt, ist es von der Zahlung des Kostenanteils befreit.„

Am 30. Juli 2009 haben die Antragsteller beim Sozialgericht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Sie begehren die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung von Materialkosten für zwei Eimer weiße Farbe zu je 10 Euro und für Streichmaterial (Abklebeband, Folie, Farbrolle und Abstreicher) in Höhe von 15 Euro. Zur Begründung wird ausgeführt, die Wohnung müsse zum 1. September 2009 komplett weiß gestrichen übergeben werden. Die Materialkosten hierfür müsse die Antragsgegnerin tragen. Das Bundessozialgericht erkenne die Kosten für im Mietvertrag vereinbarte Schönheitsreparaturen als Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 1 SGB II an. Es sei Eile geboten, weil die Arbeiten noch im August abgeschlossen werden müssten.

Die Antragsgegnerin ist dem Eilantrag entgegengetreten. Sie meint, die Antragstellerin zu 2) sei nach dem Mietvertrag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet. Dementsprechend könnten die Antragsteller auch keinen Kostenanspruch gegenüber der Antragsgegnerin haben.

Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Der gem. § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber nicht begründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund voraus (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Rn. 27, 29). Ein materieller Anspruch ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur einer summarischen Überprüfung zu unterziehen; hierbei muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass ih...

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