Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB 2. Anforderungen an die Leistungen bzw Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Teilnahme an der "Beschäftigungsinitiative Süd für über 50-Jährige"

 

Leitsatz (amtlich)

Die Maßnahme BINS50plus stellt keine Maßnahme im Sinne des § 21 Abs 4 SGB II dar, die einen Mehrbedarf nach dieser Regelung begründet.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 05.08.2015; Aktenzeichen B 4 AS 9/15 R)

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 4. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. November 2013 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger im Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2013 ein Mehrbedarf wegen Behinderung gemäß § 21 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zusteht.

Dem 1954 geborenen Kläger wurden mit Bescheid vom 01.12.2011 für die Zeit vom 01.01.2012 bis 30.06.2012 und mit Bescheid vom 24.05.2012 für die Zeit von 01.07.2012 bis 31.12.2012 sowie mit Bescheid vom 22.11.2012 für die Zeit von 01.01.2013 bis 30.06.2013 und mit Bescheid vom 29.05.2013 für die Zeit von 01.07.2013 bis 31.12.2013 (dieser geändert mit Bescheid vom 23.07.2013) Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Mehrbedarfe wurden dabei jeweils nicht berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 14.08.2013 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Bescheide für die genannten Leistungszeiträume gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu überprüfen. Es sei ein Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasseraufbereitung zu gewähren. Zudem sei ein Bedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II zu gewähren, da der Kläger über einen anerkannten Grad der Behinderung (GdB) verfüge und seit einiger Zeit sich in der Maßnahme BINS 50plus befinden würde.

Vorgelegt wurde ein Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 03.08.2011, wonach bei dem Kläger ein GdB von 20 auf Grund einer Sehminderung am linken Auge, einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und einer arteriellen Verschlusskrankheit des rechten Beines sowie Teilverlust zweier Zehen anerkannt worden ist.

Mit Bescheid vom 04.09.2013 erkannte der Beklagte den Mehrbedarf wegen Warmwasseraufbereitung an und änderte die Bescheide für die Leistungszeiträume vom 01.01.2012 bis 31.12.2013 jeweils mit Bescheiden vom selben Tag entsprechend ab. Die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II wurde abgelehnt. Die Voraussetzungen würden tatbestandlich nicht vorliegen, da der Kläger keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, keine sonstigen Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes und auch keine Eingliederungshilfe erhalte.

Hiergegen legte der Bevollmächtigte des Klägers am 24.09.2013 Widerspruch ein. Der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II sei dem Kläger wegen seiner Teilnahme an der Maßnahme BINS 50plus zu gewähren, diese stelle eine sonstige Hilfe für die Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben dar.

Für die Zeit vom 14.02.2012 bis 13.02.2014 wurden dem Kläger Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung bei einem Träger gemäß § 45 Abs. 1 S.1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bewilligt.

In einem Telefonat des Beklagten mit der Teamleiterin der Maßnahme am 07.11.2013 wurde mitgeteilt, dass diese zwischen 12 und 24 Monaten dauern würde, pro Semester seien an der Volkshochschule drei Kurse zu besuchen, wobei im Normalfall ein Kurs einmal pro Woche stattfinden und 90 Minuten dauern würde. Es soll ein berufsorientierter, ein gesundheitsorientierter und ein Kurs zur freien Wahl besucht werden. Zudem würden die Teilnehmer noch in Einzelterminen zweimal monatlich gecoacht werden. Die Fahrt-kosten der Teilnehmer würden von der VHS ersetzt werden.

Weiter wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass der Kläger folgende Kurse besucht habe: Kontakt und Grenzen, Arbeit im Künstleratelier, Tai Chi für Anfänger, Bogenschießen, Furcht und Angst, Wut und Aggression, Malen und Zeichnen an Orten mit besonderer Energie, Wertschätzung und Akzeptanz, Kontakt und Grenzen, Angst ist die Kraft, Gnostische Evangelien, Spielerische Monartephie, welche häufig nur einen Tag gedauert hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Maßnahme weise nicht die erforderliche finale Zielrichtung der Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben auf.

Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Klägers am 04.12.2013, Eingang bei Gericht am 05.12.2013, Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die vom Kläger besuchte Maßnahme geeignet sei, einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II zu begründen.

Hierzu wurde auch die Konzeption der Maßnahme BINS 50plus vorgelegt. Hierin heißt es: "Zentrale Aufgabe ist die systematische Heranführung von arbeitsmarktfernen Personen im Arbeitslosengeld II-Bezug [...] ab dem 50. Lebensjahr an den regulären Arbeitsmarkt. Kern ist die Organisation und Steuerung des individuellen Integrationsprozesses.". Teilnehmer können danach ausdrücklich auch erwerbsfähige Hilfebedürftige sein, die Behinderunge...

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