Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Mehraufwand wegen kostenaufwändiger Ernährung bei gebotener Vollkost. Ableitung eines Anspruchs auf Mehrbedarf aus entsprechenden Bewilligungen in vergangenen Bewilligungszeiträumen

 

Orientierungssatz

1. Gesundheitliche Beeinträchtigungen, die eine normale Vollkost geboten erscheinen lassen (hier: Adipositas und Diabetes mellitus Typ IIb), aber keine in der allgemeinen Ernährung ungebräuchlichen Produkte erfordern, begründen noch keinen Anspruch auf eine Erhöhung des Regelsatzes im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen kostenaufwändiger Ernährung. Auch allein das Erfordernis einer Gewichtsreduzierung zur Verbesserung des Gesundheitszustandes begründet für sich noch keinen Mehrkosten bzw. besondere zusätzliche Ernährungsausgaben.

2. Allein aus einem in zurückliegenden Bewilligungszeiträumen zu Unrecht vom Sozialleistungsträger gewährten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung kann ein Grundsicherungsempfänger keinen entsprechenden Anspruch für die Zukunft ableiten.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung eines Mehraufwands wegen kostenaufwändiger Ernährung ab Januar 2010 streitig.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger stellte im Jahr 2006 erstmalig einen Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Hierbei gab er an, er zahle monatlich 250,00 EUR für seine Wohnung an seine Mutter.

Mit Bescheid vom 14.03.2006 bewilligte die Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) dem Kläger für den Zeitraum vom 01.02.2006 bis 30.06.2006 Leistungen in Höhe von monatlich 595,00 EUR.

Am 05.04.2006 reichte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung der Dres. G. zu den Akten. Nach dieser litt der Kläger bei einem Gewicht von 120 kg und einer Körpergröße von 168 cm unter Hyperlipidämie bei Adipositas, Hyperurikämie bei Adipositas, Hyperzone bei Adipositas und Diabetes Typ IIa.

Für die Zeit ab Eingang der Bescheinigung bewilligte der Beklagte dem Kläger sodann zunächst monatlich weitere Leistungen für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 51,13 EUR.

Der Beklagte gewährte dem Kläger auch für die Folgezeiträume Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 51,13 EUR monatlich. So bewilligte er zuletzt mit Bescheid vom 07.12.2009 dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 30.06.2010 Leistungen in Höhe von monatlich 660,13 EUR. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Regelleistung (jetzt: Regelbedarf) in Höhe von 359,00 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 250,00 EUR sowie dem Mehrbedarf in Höhe von 51,13 EUR.

Am 14.06.2010 beantragte der Kläger die Fortzahlung für die Zeit ab dem 01.07.2010. Hierbei gab er an, er benötige weiterhin einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung.

Mit Bescheid vom 15.06.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.07.2010 bis zum 31.12.2010 in Höhe von monatlich 609,00 EUR (Regelbedarf 359,00 EUR plus 250,00 Kosten für Unterkunft und Heizung). Eine Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung erfolgte nicht.

Auf entsprechenden Folgeantrag vom 02.12.2010 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 03.12.2010 dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 in Höhe von 609,00 EUR pro Monat wiederum ohne Berücksichtigung eines Mehrbedarfs.

Mit Schreiben vom 14.12.2010 wies der Beklagte darauf hin, dass der Mehrbedarf aus rechtlichen Gründen nicht mehr gewährt werden könne. Es habe sich medizinisch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen keinen besonderen Mehrbedarf begründeten.

Gegen dieses Schreiben legte der Kläger am 14.12.2010 Widerspruch ein, welcher vom Beklagten als Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.12.2010 aufgefasst wurde und mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2011 als unbegründet zurück gewiesen wurde.

Mit Änderungsbescheid vom 26.03.2011 bewilligte der Beklagte - unter Berücksichtigung der Anhebung der Regelbedarfe ab dem 01.01.2011 - dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 Leistungen in Höhe von monatlich 614,00 EUR. Eine Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung erfolgte weiterhin nicht.

Am 20.06.2011 stellte der Kläger einen Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen. Einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung beantragte er hierbei nicht.

Mit Bescheid vom 21.06.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.07.2011 bis 31.12.2011 Leistungen in Höhe von monatlich 614,00 EUR.

Am 02.12.2011 stellte der Kläger einen Fortzahlungsantrag, in dem er - unter Hinweis auf einen Beschluss des 7. Senats des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in einem Prozesskostenhilfeverfahren - nunmehr auch wieder einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung beantragte.

Mit Bescheid vom 06.12.2...

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