Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuerkennung des Merkzeichens "RF" -Ermäßigung der Rundfunkgebühr. für einen Hörgeschädigten

 

Orientierungssatz

1. Grundsätzlich ist zur Zuerkennung des Merkzeichens "RF" ein GdB von 80 erforderlich. Sehbehinderte mit einem GdB von 60 allein wegen der Sehbehinderung sowie Hörgeschädigte, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Gehörhilfen nicht möglich ist, wird nach § 4 Abs. 2 Nr. 1, 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) der Rundfunkbeitrag ermäßigt. Diesen Personen steht infolgedessen das Merkzeichen "RF" zu.

2. Während der GdB für Hörschäden nach der VersMedV, Teil B Nr. 5 ohne Hilfen zu bestimmen ist, kommt es im Rahmen des § 4 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 RBStV auf eine Situation mit Hörhilfeversorgung an. Maßgebend ist die faktisch ausreichende Verständigung. Die Unmöglichkeit zur Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen i. S. des § 4 Abs. 2 Nr. 3 RBStV ist nur dann gegeben, wenn der Schwerbehinderte wegen seines Leidens ständig, d. h. allgemein und umfassend vom Besuch ausgeschlossen ist. Das setzt voraus, dass der Schwerbehinderte praktisch an das Haus gebunden ist.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen, soweit sie über den in der öffentlichen Sitzung vom 16.04.2014 geschlossenen Teilvergleich hinausgeht.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach zu 3/7.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt zuletzt die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "RF" (Ermäßigung von der Rundfunkgebühr).

Der am 00.00.0000 geborene Kläger beantragte am 15.05.2011 erstmals beim Beklagten die Feststellung eines Grades der Behinderung sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen der Merkzeichen "G" (Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und "RF". Bereits seit diesem Zeitpunkt steht er in fortlaufenden Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Zur Begründung seines Antrages führte er Kniebeschwerden, Hustenattacken, Schwindel und Depressionen an und legte Arztbriefe des Chirurgen Dr. K., des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B, des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. N, des Allgemeinmediziners Dr. U. des Facharztes für Neurologie Dr. W., der Unfallchirurgie des Städtischen Krankenhauses I., des Pathologen Dr. H, des Radiologen Dr. T sowie eine medizinische Auskunft des praktischen Arztes Dr. I. für das Versorgungsamt Aachen aus dem Jahr 1980 vor.

Der Beklagte holte zunächst Befundberichte des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. N., des Chirurgen T. und des Allgemeinmediziners Dr. U. mit weiteren Arztbriefen ein. Nach Auswertung durch seinen medizinischen Dienst (Dr. N.) forderte der Beklagte ergänzend ein Sprachaudiogramm bei Dr. N. an und ließ durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. L. ein versorgungsärztliches Gutachten erstellen. Nach versorgungsärztlicher Bewertung einer Hörminderung beidseits mit einem Einzel-GdB von 30 sowie Funktionsstörungen der Psyche, der Wirbelsäule und der unteren Gliedmaßen, jeweils mit einem Einzel-GdB von 10, stellte der Beklagte mit Bescheid vom 20.12.2011 einen Grad der Behinderung des Klägers von 30 fest.

Hiergegen legte der Kläger am 10.01.2012 Widerspruch ein. Sein Bevollmächtigter bat sogleich um eine rechtsmittelfähige Bescheidung, eine Begründung sei nicht beabsichtigt.

Insofern wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2012 zurück.

Mit seiner am 23.04.2012 erhobenen Klage hat der Kläger zunächst die Feststellung eines Grades der Behinderung von mindestens 50 sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "RF" begehrt.

Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes hat das Gericht jeweils einen Befundbericht des Orthopäden Dr. L. und des Facharztes für innere Medizin Herrn L1 eingeholt. Sodann hat das Gericht gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zunächst den Arzt für innere Medizin und Arbeitsmedizin, Sozialmedizin Dr. Q. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, welches dieser unter dem 16.07.2012 erstellt hat. Im Anschluss daran hat der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde Prof. Dr. B. unter dem 11.09.2013 ein weiteres schriftliches Sachverständigengutachten im Rahmen der sozialgerichtlichen Amtsermittlung erstellt.

Auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2014 schließlich einen Teilvergleich geschlossen, im Rahmen dessen der Kläger sein Begehr auf die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" hat fallen lassen und der Beklagte sich unter Änderung seines Bescheides vom 20.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2012 bereit erklärt hat, bei dem Kläger ab dem 09.09.2013 einen Grad der Behinderung von 70 festzustellen.

Der Kläger trägt über seinen Bevollmächtigen vor, zwar sei er mit Hörhilfen in einem Zwiegespräch verständigungsfähig, jedoch schwinde seine kommunikative Teilnahmefähigkeit bei Einwirken mehrerer Geräusch...

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