Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des Benutzungszwangs der elektronischen Gesundheitskarte durch den Versicherten

 

Orientierungssatz

Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und der dafür geltende Benutzungszwang des Versicherten ist verfassungsmäßig. Nach §§ 67a Abs. 1 S. 1 und 67b Abs. 1 S. 1 SGB 10 ist das Erheben von Sozialdaten durch die in § 35 SGB 1 genannten Stellen zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist. Eine Beschränkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch die Regelungen über die eGK ist durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt. Die eGK ist zur Verhinderung von Missbrauch und zur Kosteneinsparung zwecks Erhalt der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung erforderlich und angemessen.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu gewähren, ohne dass er dafür die elektronische Gesundheitskarte (eGK) benutzen muss.

Die Beklagte hat die Krankenversicherungskarte ohne Lichtbild abgeschafft. Dies teilte sie dem Kläger im Januar 2015 mit.

Dagegen erhob der Kläger am 30.01.2015 Widerspruch.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 31.03.2015, zugestellt am 02.04.2015, zurück mit der Begründung, die eGK sei rechtmäßig; dies habe das Bundessozialgericht (BSG) zuletzt mit Urteil vom 18.11.2014 (B1 KR 35/13 R) bestätigt ...

Dagegen hat der Kläger am 02.06.2015 Klage erhoben. Er hält die Einführung der eGK und den Benutzungszwang für rechts- und verfassungswidrig. Auf Hinweis des Gerichts auf die Versäumung der Klagefrist hat der Kläger im Schriftsatz vom 13.07.2015 eine "Klageänderung" beantragt: "In Klage S 13 KR 157/15: H.Q .../. AOK Rheinland/Hamburg - Die Gesundheitskasse wird, der Klageantrags-Punkt 3 betreffend, der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 31.03.2015 wegen, Fristversäumnis zurückgenommen." Im selben Schriftsatz hat er aber (auf Seite 1 unten) erklärt,

 er "protestiere ERNEUERT energisch gegen die Rücksichtslosigkeit der SOZIALgericht, , meine Klage schriftlich, wegen juristischen spitzfindigschafften WIE, Fristversäumnis abzuweisen ODER, zu zerschlagen."

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2015 zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem SGB V zur Verfügung zu stellen, ohne die elektronische Gesundheitskarte benutzen zu müssen und die Beklagte "wegen seine Weigerung der Vertraglich vereinbarten Leistungen, als Schadensersatzpflichtig" zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Nach Hinweisen des Gerichts vom 18.06.2015 sind die Beteiligten mit Schreiben vom 09.07.2015 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.

 

Entscheidungsgründe

Gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden.

Die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist unzulässig und unbegründet.

Der Kläger ficht nicht nur die Abschaffung der Krankenversichertenkarte ohne Lichtbild und die Einführung der eGK an (Bescheid vom Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.3.2015). Vielmehr will er darüber hinaus erreichen, dass die Beklagte verpflichtet wird, ihm einen Weg zu eröffnen, auf dem er in gleicher Weise wie bisher seine Berechtigung zur Inanspruchnahme von vertragsärztlichen Leistungen nachweisen kann, ohne dabei die eGK nach § 291a SGB V verwenden zu müssen.

Allerdings hat der Kläger zuletzt im Schriftsatz vom 16.07.2015 im Wege einer "Klageänderung" beantragt, dass der Klageantrag, den Widerspruchsbescheid vom 31.03.2015 wegen Fristversäumnis aufzuheben, zurückgenommen wird. Diese allein auf den Widerspruchsbescheid begrenzte (Teil-)Klagerücknahme vermochte das Gericht jedoch nicht als ausreichend klar und eindeutig zu akzeptieren, um insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache zu erledigen (vgl. § 102 Abs. 1 SGG). Denn im selben Schriftsatz hat er dagegen protestiert, die Klage wegen Fristversäumnis abzuweisen oder zu "zerschlagen".

Der Kläger hat die Klagefrist versäumt. Gemäß §§ 87, 90 SGG ist die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Ausweislich der in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Postzustellungsurkunde wurde der Widerspruchsbescheid dem Kläger am 02.04.205 zugestellt. Ausgehend von diesem Datum endete die Klagefrist mit Ablauf des 04.05.2015, einem Montag. Die Klage datiert j...

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