Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung der Pauschgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes, bei dessen Antragsteller und Antragsgegner nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören

 

Orientierungssatz

1. Nach § 184 Abs. 1 S. 1 SGG haben Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten.

2. Der Bezirksrevisor hat die Möglichkeit, vor einer entsprechenden Festsetzung der Pauschgebühr Einfluss auf die Entscheidung des Kostenbeamten zu nehmen. Eine Erinnerung nach § 189 Abs. 2 S. 2 SGG durch die Staatskasse ist ausgeschlossen, weil dieser nach § 69 SGG keine Stellung als Beteiligter zukommt.

3. Im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes ist bei einem Beschluss nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG von einer Ermäßigung der Pauschgebühr auszugehen.

 

Tenor

Die Erinnerung gegen die Feststellung der Gebührenschuld betreffend die Streitsache S 11 BK 17/20 ER wird zurückgewiesen. Es bleibt der Höhe der bislang festge-stellten Gebührenschuld von 75,00 EUR. Der weitergehende Antrag des Erinnerungsgegners wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Die Erinnerungsführerin wendet sich gegen die Erhebung einer hälftigen Pauschgebühr für das Verfahren S 11 BK 17/20 ER. In jenem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes begehrte die seinerzeitige Antragstellerin Leistungen nach § 6b Bundeskindergeldgesetz (BKGG) von der seinerzeitigen Antragsgegnerin, der Erinnerungsführerin im hiesigen Verfahren. Mit Beschluss vom 10.09.2020 wurde der Antrag der Antragstellerin abgelehnt. Der Kostenbeamte des Sozialgerichts Aachen erteilte der Erinnerungsführerin einen Auszug aus dem Verzeichnis der Rechtsstreite nach § 189 SGG. Für das Verfahren S 11 BK 17/20 ER wurde vom Kostenbeamten eine hälftige Pauschgebühr in Höhe von 75,00 EUR in Ansatz gebracht.

Gegen den Auszug aus dem Gebührenverzeichnis vom 06.10.2020 hat die Erinnerungsführerin Einwendungen erhoben. Sie sei gemäß § 64 Abs. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) von der Gebührenpflicht befreit. Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Unter dem 25.11.2020 hat der Erinnerungsgegner beantragt, den Auszug aus dem Verzeichnis der Gebührenrechtsstreite teilweise abzuändern und die Pauschgebühr mit 150,00 EUR festzustellen sowie die Erinnerung im Übrigen zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verfahrensakte S 11 BK 17/20 ER Bezug genommen.

II. Die Erinnerung der Erinnerungsführerin ist zulässig, der Antrag auf Festsetzung einer höheren Pauschgebühr durch den Erinnerungsgegner demgegenüber unzulässig.

Nach dem Wortlaut des § 184 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben "Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören ( ) für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten". Die Gebühren für die Streitsachen werden gemäß § 189 Abs. 1 Satz 1 SGG in einem Verzeichnis zusammengestellt. Die Mitteilung des Auszugs gilt als Feststellung der Gebührenschuld, § 189 Abs. 1 Satz 2 SGG. Der Auszug als solcher ist ein Justizverwaltungsakt (vgl. Schmidt, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, § 189 Rn. 2a). Gegen diese Feststel-lung kann gemäß § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG binnen eines Monats nach Mitteilung das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

Die Feststellung ist Sache der Gerichtverwaltung, die insoweit Weisungen an den Urkundsbeamten in seiner Funktion als Kostenbeamter aussprechen kann (Hartmut Lange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. Stand: 31.03.2020, § 189 SGG Rn. 32).

Der Erinnerungsgegner, konkret der Bezirksrevisor, hat die Möglichkeit, vor einer ent-sprechenden Festsetzung der Pauschgebühr Einfluss auf die Entscheidung des Kostenbeamten zu nehmen. In der Vergangenheit hat er dies - in entsprechender Anwendung von § 35 Abs. 2 KostVfG - auch getan und durch entsprechende landesweite Verfügung bei Entscheidungen über Pauschgebühren um Übersendung der entsprechenden maßgeblichen Streit- und Nebenakten gebeten. Diese entsprechende Verfügung galt im hier maßgeblichen Zeitraum nicht mehr.

Schon der Wortlaut des § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG legt die Annahme der Möglichkeit einer eigenständigen Erinnerung durch die Staatskasse nicht nahe. Die Anrufung des Gerichts kann binnen eines Monats "nach Mitteilung" erfolgen. Die Mitteilung erfolgt aber an den Pauschgebührenschuldner. Eine Mitteilung an den Vertreter der Staatskasse ist weder vorgesehen noch sinnvoll, schließlich wurde die Mitteilung durch den Kostenbeamten, als - insoweit weisungsgebunden - für die Staatskasse Handelnder (s.o.) erstellt. Entgegen der wohl herrschenden Auffassung, deren Ansicht nach Auffassung der Kammer indes nicht überzeugend begründet wird, scheidet damit eine eigenständige Erinnerung durch die Staatskasse als Erinnerungsgegner aus (vgl. in diesem Zusammenhang auch LSG Niedersachsen Beschluss vom 29.03.1960 - L 4 S 73/59, wonac...

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