Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwerbehindertenrecht. GdB-Feststellung. Merkzeichen RF. Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. gesundheitliche Voraussetzungen. mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten. schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten

 

Orientierungssatz

1. Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Zuerkennung des Nachteilsausgleichs RF wegen Fehlens der gesundheitlichen Voraussetzungen (hier: GdB 70 wegen mittelgradiger sozialer Anpassungsschwierigkeiten).

2. Zur Feststellung eines GdB von 70 wegen der in Folge einer psychischen Erkrankung bestehenden mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten (hier: keine hinreichenden Anpassungsmöglichkeiten, um beruflich eingegliedert werden zu können und weitgehende Einschränkung in den sozialen Kontakten bei noch bestehender Fähigkeit zu einer selbstständigen Lebensführung).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.02.2012; Aktenzeichen B 9 SB 2/11 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 17. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Grad der Behinderung (GdB) des Klägers höher als mit 70 zu bewerten ist und ob die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs (Merkzeichens) “RF„ (Befreiung von der Rundfunk- und Fernsehgebührenpflicht) vorliegen.

Bei dem 1973 geborenen Kläger hatte das Amt für Versorgung und Familienförderung M. II durch Bescheid vom 5. Januar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2005 einen GdB von 50 festgestellt und dabei eine seelische Krankheit und ein Kopfschmerzsyndrom berücksichtigt. Dem lag im Wesentlichen das im Auftrag der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im Rahmen eines auf Gewährung von Erwerbsminderungsrente gerichteten Verfahrens erstattete Gutachten des Nervenarztes Dr. S. (10/03; Diagnosen: V.a. Schizophrenia simplex, differentialdiagnostisch schizoide Persönlichkeitsstörung; V.a. vasomotorische Kopfschmerzen bei Nikotinabusus) zugrunde.

Einen im Juli 2005 gestellten Neufeststellungsantrag, mit dem der Kläger neben der Erhöhung des GdB u. a. die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs “RF„ geltend gemacht hatte, hatte das nunmehr zuständige Landesamt für soziale Dienste Schleswig-Holstein (LAsD) durch Bescheid vom 23. September 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2006 abgelehnt, da sich mangels neuerer ärztlicher Befunde - der Kläger sei seit 1999/2000 nicht mehr in ärztlicher Behandlung gewesen - und Teilnahme an der beabsichtigten Begutachtung eine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers gegenüber den der rechtsverbindlichen Feststellung des Landesversorgungsamtes Bayern zugrunde liegenden gesundheitlichen Verhältnissen nicht feststellen lasse. Die hiergegen bei dem Sozialgericht Itzehoe erhobene Klage (S 8 SB 68/06) nahm der Kläger zurück und stellte zugleich einen Antrag auf Überprüfung des GdB. Er machte insbesondere geltend, dass die bei ihm angewandten Behandlungsmethoden einen Hirnschaden verursacht hätten und machte als weitere Funktionsstörung “Angst vor sozialem Verkehr„ geltend. Er beantragte erneut die Zuerkennung der Nachteilsausgleiche “G„ und “RF„.

Das LAsD lehnte den Antrag durch Bescheid vom 17. Mai 2006 ab. Über das Begehren des Klägers sei bereits durch Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung M. II vom 5. Januar 2005, bestätigt durch die Widerspruchsbescheide vom 18. Februar 2005 und 1. Februar 2006, entschieden worden. Diese Entscheidungen seien nunmehr rechtsverbindlich. Aus dem Antrag ergäben sich keine neuen Tatsachen, die eine andere Entscheidung begründen könnten.

Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser die Feststellung eines GdB von 90 und die Zuerkennung der Nachteilsausgleiche “RF„ und “G„ begehrte und den er insbesondere mit der Erforderlichkeit der Begutachtung des “iatrogenen Schadens„ begründete, wies das LAsD durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2006 zurück. Auch bei abermaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage sei nicht zu erkennen, dass bei Erteilung der bereits im Ausgangsbescheid genannten früheren Bescheide von einem sich nunmehr als unrichtig erweisenden Sachverhalt ausgegangen oder das Recht unrichtig angewandt worden sei.

Zur Begründung seiner hiergegen am 8. Juli 2006 bei dem Sozialgericht Itzehoe erhobenen Klage hat der Kläger wiederholt darauf hingewiesen, dass es ihm darum gehe, dass der Staat neben dem Grad der Behinderung auch die Gründe für die Entstehung seiner Behinderung sorgfältig ermittele. Zudem hat er sinngemäß geltend gemacht, dass er den GdB von 50 für zu niedrig halte. Sein Vater, dem es deutlich besser gegangen sei als ihm, habe zuletzt einen GdB von 100 gehabt. Hinsichtlich des Nachteilsausgleichs “RF„ hat er sinngemäß geltend gemacht, dass ihm der weitere Kontakt “zum Publikum„ nicht zumutbar sei, u. a. weil er den Kontakt mit anderen Menschen als bedrohlich empfinde.

Der K...

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