2.2.1 Überblick

 

Rz. 5

Nach § 7 gelten die Vorschriften des SGB IX nur, wenn das jeweilige rehabilitationsträgerspezifische Recht (z. B. SGB V für die Krankenversicherung) nicht etwas Abweichendes regelt (vgl. auch BSG, Urteile v. 22.3.2012, B 8 SO 30/10 R, v. 31.1.2012, B 2 U 1/11 R, und v. 26.6.2007, B 1 KR 36/06 R). Im Übrigen richten sich die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen. Sofern also das rehabilitationsträgerspezifische Recht konkrete Regelungen für die Haushalts- oder Betriebshilfe oder für die Kinderbetreuung getroffen hat, haben diese Vorrang vor § 74.

Im Einzelnen gibt es zum Bereich der Haushalts-/Betriebshilfe/Kinderbetreuung nachstehende trägerspezifische Regelungen:

 
Arbeitsförderung: § 127 SGB III verweist auf § 74 SGB IX.
Krankenversicherung:

Der Anspruch auf Haushaltshilfe ist in der Krankenversicherung in § 38 SGB V geregelt. Die Regelung des § 38 SGB V ist somit vor der Regelung des § 74 Abs. 1 SGB IX vorrangig (z. B. inklusiv der Zuzahlungsverpflichtung des Versicherten nach § 38 Abs. 5 SGB V).

§ 74 SGB IX umfasst auch Leistungen, die nicht in § 38 SGB V geregelt sind. Es handelt sich hierbei um

  • Leistungen zur Mitaufnahme von Kindern in die Rehabilitationseinrichtung (Abs. 2) und
  • Erstattung der Kinderbetreuungskosten nach Abs. 3.

Durch den Hinweis in § 43 Abs. 1 SGB V auf den Leistungsanspruch nach § 74 SGB IX zählen diese Leistungen deshalb auch zu den Leistungen der Krankenversicherung – dann aber nach dem Recht des SGB IX (keine Zuzahlung).

Die Haushalts- und Betriebshilfe für landwirtschaftliche Unternehmer ist in den §§ 10 und 36 ff. ALG geregelt.

Weitere Einzelheiten: vgl. Rz. 6.
Rentenversicherung: § 28 SGB VI verweist vollinhaltlich auf § 74 SGB IX.
Unfallversicherung: § 39 und § 42 SGB VII verweisen auf § 74 SGB IX.
Kinder- und Jugendhilfe: Besondere Regelungen bestehen für die Betreuung und ­Versorgung eines Kindes in Notsituationen gemäß § 20 SGB VIII; deshalb keine Anwendung des § 74 SGB IX.
Eingliederungshilfe: § 109 Abs. 1 SGB IX; die Leistung entspricht der nach § 38 SGB V.
Kriegsopferversorgung (ab 1.1.2024: Soziales Entschädigungsrecht): § 11 Abs. 4 bzw. § 12 Abs. 3 Satz 5 BVG i. V. m. mit § 18 c Abs. 2 Satz 1 BVG (Anlehnung an die ­Leistungen der Krankenversicherung). Ab 1.1.2024: § 64 Abs. 1 Nr. 3 SGB XIV; diese Vorschrift verweist direkt auf das Recht des § 74 SGB IX.
Kriegsopferfürsorge (ab 1.1.2024 Soziales Entschädigungsrecht): § 26 Abs. 4 Nr. 3 BVG verweist auf § 74 SGB IX. Ab 1.1.2024: § 64 Abs. 1 Nr. 3 SGB XIV; diese Vorschrift verweist direkt auf das Recht des § 74 SGB IX.
Landwirtschaftliche Sozialversicherungsträger:

Hier gibt es Sonderregelungen in den

  • §§ 9 bis 11 KVLG für die landwirtschaftlichen Krankenkassen und
Diese Regelungen sind vorrangig vor den Vorschriften des SGB IX. In einigen Bereichen verweisen die Vorschriften allerdings auch auf das Recht des § 74 SGB IX.

2.2.2 Abgrenzung des § 38 SGB V zu § 74 SGB IX

 

Rz. 6

Die Vorschriften des SGB IX – und damit auch § 74 SGB IX – finden nur dann Anwendung, wenn die rehabilitationsträgerspezifischen Vorschriften (z. B. des SGB V) für bestimmte Leistungsbereiche nichts Abweichendes regeln (§ 7 Abs. 1 sowie BSG, Urteile vgl. Rz. 5).

Der Anspruch auf Haushaltshilfe zulasten der Krankenversicherung wird umfassend in § 38 SGB V geregelt. Für § 74 Abs. 1 SGB IX bleibt deshalb kein Raum mehr.

Für die Übernahme der Kosten für die Mitnahme des Kindes an den Rehabilitationsort mit der damit verbundenen Unterbringung des Kindes am Rehabilitationsort gilt uneingeschränkt § 43 Abs. 1, erster Teil, SGB V i. V. m. § 74 Abs. 2 SGB IX. Hier können an Stelle der Haushaltshilfe die Kosten der Unterbringung des oder der Kinder am Rehabilitationsort bis zur Höhe der Kosten der sonst zu erbringenden Haushaltshilfe übernommen werden.

§ 43 Abs. 1, erster Teil, SGB V gilt uneingeschränkt auch für die Kosten der Kinderbetreuung nach § 74 Abs. 3 SGB IX. Gemäß den Anmerkungen der Krankenkassenspitzenverbände unter Leitung des GKV-Spitzenverbandes zu § 74 SGB IX im Gemeinsamen Rundschreiben zu den Auswirkungen des SGB IX in der gesetzlichen Krankenversicherung (v. 18.6.2001 i. d. F. v. 1.4.2019) kommen Kinderbetreuungskosten nur in Betracht, wenn Haushaltshilfe nicht gewährt wird. Die Altersgrenze für Kinder nach § 74 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX (Vollendung des 12. Lebensjahres) gilt allerdings nach dem Gemeinsamen Rundschreiben auch bei der Übernahme von Kinderbetreuungskosten. Hiermit unterscheidet sich die Auffassung der Krankenkassen von denen anderer Rehabilitationsträger: Da die Erziehung der Kinder bis zum 18. Lebensjahr zu den elterlichen Pflichten gehört, übernehmen die anderen Rehabilitationsträger Kinderbetreuungskosten auch bei älteren Kindern. Einzelheiten: vgl. Rz. 47 ff.

Im Zusammenhang mit der Abgrenzung der Ansprüche zwischen § 38 SGB V und § 74 Abs...

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