2.1 Verfahrensregelungen (Abs. 1)

2.1.1 Zuständigkeit des örtlichen Trägers

 

Rz. 3

Für das gesamte Verfahren ist gemäß § 98 der örtliche Träger der Eingliederungshilfe zuständig. Dies gilt sowohl für den Fall, dass ausschließlich Leistungen der Eingliederungshilfe in Betracht kommen, als auch dann, wenn zwar auch Leistungen anderer Rehabilitationsträger in Betracht kommen, aber der Träger der Eingliederungshilfe das Verfahren als verantwortlicher Rehabilitationsträger durchführt.

2.1.2 Beteiligung des Leistungsberechtigten und der Rehabilitationsträger

 

Rz. 4

Die Beteiligung des Leistungsberechtigten, also des behinderten Menschen, hat der Gesetzgeber bewusst an den Anfang der Vorschrift gestellt (Abs. 1 Nr. 1). Seine Beteiligung soll mit der Beratung beginnen. Es spricht viel dafür, dass dem Leistungsberechtigten ein subjektives Recht auf Beteiligung am Verfahren zusteht, obwohl der Gesetzeswortlaut dies nicht deutlich macht. Jedoch nur so kann entsprechend dem gesetzgeberischen Willen (BT-Drs 18/09522 S. 286) dessen Position gestärkt werden (Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 117). Aus dem Beteiligungsrecht folgt allerdings nicht ein durchsetzbares Recht auf Durchführung der Gesamtplankonferenz. Der Leistungsberechtigte kann nach § 119 Abs. 1 Satz 2 deren Durchführung lediglich vorschlagen. Zu beteiligen sind ferner andere mitwirkende Rehabilitationsträger sowie die in § 121 Abs. 3 Nr. 2 und 3 genannten Personen und Institutionen (Vertrauensperson, behandelnder Arzt, Gesundheitsamt, Landesarzt, Jugendamt und Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit), nicht aber der Leistungserbringer, es sei denn, er ist zugleich Rehabilitationsträger.

2.1.3 Dokumentation

 

Rz. 5

Die Wünsche des Leistungsberechtigten zu Ziel und Art der Leistungen sind nach Abs. 1 Nr. 2 zu dokumentieren. Damit soll die personenzentrierte Leistungsgewährung gewährleistet werden.

2.1.4 Verfahrenskriterien

 

Rz. 6

Die im Gesamtplanverfahren zu beachtenden Kriterien sind in Abs. 1 Nr. 3 aufgelistet. Auch sie sollen dazu dienen, das Ziel einer personenzentrierten Gesamtplanung zu erreichen. Das Verfahren soll trägerübergreifend durchgeführt werden. Da Aspekte verschiedener wissenschaftlicher Sichtweisen und Disziplinen zu berücksichtigen sind, ist ein interdisziplinärer Ansatz geboten. Lösungen müssen konsensorientiert und Berücksichtigung der Belange des konkreten Einzelfalles entwickelt werden. Sie müssen mit Blick auf den behinderten Leistungsempfänger lebensweltbezogen, sozialraumorientiert und zielorientiert sein. Auf dieser Grundlage soll sodann nach Abs. 1 Nr. 4 der individuelle Bedarf nach Maßgabe von § 118 ermittelt werden. Dies kann anschließend nach Abs. 1 Nr. 5 in eine Gesamtplankonferenz nach § 119 einmünden. Hierüber ist eine Ermessensentscheidung zu treffen. Nach Abs. 1 Nr. 6 sollen schließlich die Leistungen in der Gesamtplankonferenz nach Inhalt, Umfang und Dauer abgestimmt werden. Dabei sollen die betroffenen Leistungsträger beteiligt werden. Die Ausgestaltung von Leistungen unter der Maßgabe der Personenzentrierung bedingt hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung sowie der verbindlichen Beteiligung der im Einzelfall einzubeziehenden Akteure weitreichendere Anforderungen an die Bedarfsermittlung und -feststellung als sie der bisherige § 58 a. F. regelte. Insbesondere die Position des Leistungsberechtigten erfährt hierdurch eine Stärkung. Durch die Auflistung konkreter Kriterien für das Verfahren wird dieses auf eine fachlich fundiertere Basis gestellt. Die trägerübergreifende Zusammenarbeit wird insbesondere durch die Möglichkeit der Durchführung einer Gesamtplankonferenz optimiert (BT-Drs. 18/9522 S. 287).

2.2 Person des Vertrauens (Abs. 2)

 

Rz. 7

Gemäß Abs. 2 kann auf Verlangen des Leistungsberechtigten eine Person ihres Vertrauens am Gesamtplanverfahren beteiligt werden. Dies kann insbesondere auch ein ihn beratender anderer Mensch mit Behinderung oder eine von den Leistungsträgern so weit wie möglich unabhängige Beratungsinstanz sein (BT-Drs. 18/9522 S. 286). In den Empfehlungen des Deutschen Vereins (NDV 2019 S. 337) wird angeraten, den Leistungsberechtigten auf diese Möglichkeit hinzuweisen.

2.3 Anhaltspunkte für eine Pflegebedürftigkeit (Abs. 3)

 

Rz. 8

Abs. 3 regelt die Beteiligung der zuständigen Pflegekasse und die Beteiligung des Trägers der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XI am Gesamtplanverfahren. Voraussetzung dafür ist zunächst einmal, dass in dem jeweiligen Einzelfall Anhaltspunkte für das Bestehen von Pflegebedürftigkeit nach § 14 SGB XI bestehen. Die Pflegebedürftigkeit muss nicht bereits feststehen; für das Aufgreifkriterium reichen Anhaltspunkte aus, also Tatsachen, die die Annahme begründen, es könne Pflegebedürftigkeit vorliegen. Weitere Voraussetzungen für die Beteiligung der Pflegekasse sind die Zustimmung des Leistungsberechtigten und die Erforderlichkeit der Beteiligung zur Feststellung von Eingliederungsleistungen nach den Kapiteln 3 bis 6 (Medizinische Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben, Teilhabe an Bildung, Soziale Teilhabe). Liegen diese Voraussetzungen vor, so muss die Pflegekasse beratend am Gesamtplanverfahren teilnehmen. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des SGB XII (§§ 61 bis 66a) erforderlich sind (...

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