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Der Gesetzgeber hat die Einführung der Existenzgründungsförderung in das SGB III seinerzeit allgemein damit begründet, dass sich die Arbeitswelt spürbar gewandelt habe. Die Beschäftigung bei einem Arbeitgeber bis zum Eintritt in das Rentenalter verliere an Bedeutung. Stattdessen würden Erwerbsverläufe flexibler. Dies entspräche einerseits auch den Wünschen vieler Arbeitnehmer. Gerade die Gründung einer selbständigen Existenz sei dabei eine attraktive Option. Andererseits würden diese Veränderungen der Arbeitswelt auch zunehmend von Unsicherheit und Arbeitslosigkeit begleitet.

Moderne Arbeitsmarktpolitik müsse den Arbeitnehmern Angebote machen, die diesen Entwicklungen am Arbeitsmarkt Rechnung trügen. Sie müsse die Wünsche der Arbeitnehmer berücksichtigen, ihnen neue Chancen eröffnen und gleichzeitig finanzielle Mittel sparsam und erfolgversprechend einsetzen. Die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit sei für Arbeitslose eine solche Chance. Existenzgründungen seien auch dann eine erfolgversprechende Option, wenn Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wegen einer schwierigen Lage auf dem Arbeitsmarkt erschwert sei. Dies dürfte wie schon Ende 2011/Anfang 2012 bei der Umgestaltung des Gründungszuschusses auch 2018 bei einer entspannteren Arbeitsmarktlage mit nur noch rd. 2,5 Mio. Arbeitslosen nach wie vor fortgelten. Mit der Existenzgründungsförderung hat sich der Gesetzgeber von der reinen Versicherung für Arbeitnehmer abgewendet. Ein weiteres Kalkül ist der Umstand, dass durch die Förderung die Anzahl der Unternehmen steigt und sich daraus auch neu geschaffene Arbeitsplätze ergeben.

Die Wiedereintrittsquote in Arbeitslosigkeit ist vergleichsweise niedrig.

Der Gründungszuschuss als Ermessensleistung (nach früherer Rechtslage: Überbrückungsgeld nach § 57 a. F.) gestaltet das Instrument nach Auffassung des Gesetzgebers zielgerichteter und kosteneffizienter aus. Mit dieser Konzentration auf ein Instrument würden die Transparenz und Übersichtlichkeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhöht und die Arbeitsverwaltung entlastet. Ziel der Neuregelung sei es, die mit dem früheren Existenzgründungszuschuss für bestimmte Personengruppen gemachten Erfahrungen mit den langjährigen hohen Integrationserfolgen des Überbrückungsgeldes zu vereinen, Fördermittel effizienter einzusetzen und Schwächen zu beseitigen. Dabei solle auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass beide Instrumente für unterschiedliche Zielgruppen von Arbeitslosen attraktiv seien. Durch den Existenzgründungszuschuss seien z. B. wegen seiner speziellen Ausgestaltung hinsichtlich der pauschalen Höhe, der sozialen Sicherung und der längeren Förderdauer mehr Frauen erreicht worden als durch das frühere Überbrückungsgeld. Dieses neue Potenzial solle weiterhin für Gründungen gewonnen werden.

Gleichzeitig stelle der Gründungszuschuss ein eindeutiges Bekenntnis zur Förderung von Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit dar und betone die Bedeutung, die das Instrument für die aktive Arbeitsmarktpolitik habe. Allerdings berücksichtige die Ausgestaltung auch, dass nicht jeder zum Unternehmer geboren und dass nicht jede Gründungsidee realisierbar sei. Aufgabe einer Neuordnung sei es daher auch, Einsparpotenziale für die Arbeitslosenversicherung zu erschließen, die Qualität der geförderten Gründungen weiter zu erhöhen sowie Mitnahme- und Missbrauchseffekte zu verringern. Entsprechend der Philosophie des Gründungszuschusses geschehe dies durch Ausgestaltungsmerkmale, die die Erfolgsaussichten einer geförderten Gründung verbesserten. Anderseits achtet die Vorschrift durch ihre Weiterentwicklung darauf, dass nicht durch kurze arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungszeiten, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit nach § 142 Abs. 2 ausreichen, längere Anspruchszeiträume auf den Gründungszuschuss erworben werden können. Die Bundesregierung hat die Umgestaltung des Gründungszuschusses in eine Ermessensleistung auch damit begründet, dass ein pauschaler Rechtsanspruch dem Gedanken widerspreche, für eine Eingliederung in Arbeit das jeweils beste Förderinstrument für die arbeitslose Person zu identifizieren, weil es die Suche nach alternativen Eingliederungs- und Fördermöglichkeiten verhindere. Eine Ermessensentscheidung sichere hingegen eine Förderentscheidung, die am Maßstab des individuellen Einzelfalles ausgerichtet sei (vgl. BT-Drs. 17/8958). In Fällen einer Existenzgründung ist diese Begründung jedoch angesichts vorhandener Förderungsalternativen zweifelhaft.

Abs. 1 räumt Arbeitslosen, die eine hauptberufliche, selbständige Erwerbstätigkeit mit Wohnsitz bzw. Aufenthalt im Inland aufnehmen und damit ihre Arbeitslosigkeit beenden, die Möglichkeit ein, eine Förderung zur Sicherung des Lebensunterhalts und zu ihrer sozialen Sicherung zu erhalten. Ein Rechtsanspruch auf den Gründungszuschuss nach § 93 besteht seit dem Inkrafttreten der aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt geänderten Fassung des § ...

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