2.4.1 Anlässe

 

Rz. 34

Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens soll einerseits gewährleisten, dass in möglichst vielen Fällen eine Regelbemessung vorgenommen werden kann, auch wenn das vorrangige Ziel, auf aktuelle Arbeitsentgelte zurückzugreifen, nicht mehr oder nicht mehr vollständig erreicht werden kann. Andererseits soll sozialpolitisch unerwünschten Bemessungsergebnissen pauschaliert begegnet werden. Das gilt gleichermaßen für überhöhte wie unerwünscht geringe Bemessungsergebnisse. Eine Erweiterung des Bemessungsrahmens ermöglicht es aber nicht, im Bemessungsrahmen liegende niedrige Monatsverdienste von der Bemessung auszunehmen, es findet allein eine Erweiterung des Rahmens statt (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 23.6.2011, L 2 AL 23/10). Abs. 3 Nr. 1 verpflichtet zur Erweiterung des Bemessungsrahmens, um zu einem Regelbemessungszeitraum zu gelangen, der die Arbeitsentgeltverhältnisse vor der Entstehung des Anspruchs ausreichend zuverlässig widerspiegelt. Dazu gehört aber nicht der Fall, in dem der Arbeitslose vor Eintritt der Arbeitslosigkeit Tranfer-Kurzarbeitergeld (Kug) bezogen hat. Für das Alg ist die Basis für die Berechnung des Transfer-Kug maßgebend. Abs. 3 Nr. 2 verpflichtet nur dann zur Erweiterung des Bemessungsrahmens, wenn außergewöhnlich wenige Tage im Bemessungszeitraum mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden können. Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ermöglicht die Erweiterung im Grundsatz nur auf Veranlassung des betroffenen Arbeitslosen.

2.4.2 Kein vollständiger Bemessungszeitraum

2.4.2.1 Fälle mit Regelanwartschaftszeit

 

Rz. 35

Abs. 3 Nr. 1 bezieht sich unmittelbar auf Abs. 1. Der auf 2 Jahre zu erweiternde Rahmen ist der einjährige Rahmen nach Abs. 1. Ebenso ist der Bemessungszeitraum nach Abs. 1 gemeint. Dies ist nicht präzise, weil die Regelung in Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 selbst bestimmt, dass es in diesen Fällen keinen (vollständigen) den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Bemessungszeitraum gibt. Dieser soll gerade durch die Erweiterung des Bemessungsrahmens ermöglicht werden. Das Gesetz nimmt in Kauf, dass sich durch die Anwendung der Vorschrift ein geringeres Bemessungsentgelt errechnet, weil Zeiten mit niedrigem Arbeitsentgelt in den Bemessungszeitraum eingehen können.

 

Rz. 36

Die Vorschrift ist immer anzuwenden, wenn innerhalb des Bemessungsrahmens nach Abs. 1 nicht mehr als 149 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalten sind. Das kann auch der Fall sein, wenn 5 oder mehr monatliche Entgeltabrechnungszeiträume festgestellt werden konnten. Sind dies z. B. ausschließlich die Monate Januar bis Mai, genügen 4 Tage, in Schaltjahren 5 Tage ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt (z. B. Fehlzeiten), um die Erweiterung des Bemessungsrahmens auszulösen. Auf den Grund für fehlende Arbeitsentgeltansprüche kommt es nicht an.

Zeiten im EU-Ausland bleiben stets unberücksichtigt (Art. 62 EG-VO 883/2004). Die Bemessung des Alg richtet sich nach dem in der Inlandsbeschäftigung erzielten Arbeitsentgelt, auch wenn dieses nicht 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt erreicht. Eine Verlängerung des Bemessungszeitraumes scheidet ebenso aus wie eine Bemessung nach § 152.

 

Rz. 36a

Aufgrund der Annahme, die Beschäftigung in einer Transfergesellschaft bei Bezug von Transfer-Kurzarbeitergeld stelle anders als nach der Rechtsprechung des LSG Thüringen v. 23.9.2009 (L 10 AL 143/06) ein Versicherungspflichtverhältnis nach § 24 SGB III dar, ist nach der Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen anders als nach der Rechtsprechung des LSG Schleswig-Holstein (v. 15.3.2011, L 3 B 49/10 AL, NZS 2011 S. 559) der Bemessungszeitraum auf 2 Jahre zu erweitern, wenn im Regelbemessungsrahmen von einem Jahr nur Zeiten mit Bezug von Transfer-Kurzarbeitergeld enthalten sind (Urteil v. 30.3.2011, L 7 AL 131/08, NZS 2012 S. 30). Das BSG weist hingegen auf § 131 Abs. 3 Nr. 1 hin. Die dortige Bemessungsregel ist zwingend. Eine versicherungspflichtige Zeit mit Bezug von Transfer-Kurzarbeitergeld ist bei der mit dem ausgefallenen Arbeitsentgelt ohne Mehrarbeit heranzuziehen und nicht etwa das davor beim früheren Arbeitgeber erzielte Arbeitsentgelt (BSG, Urteil v. 6.3.2013, B 11 AL 1/12 R, NZS 2013 S. 594). Für eine Erweiterung des Bemessungszeitraums ist daher kein Raum. Das gilt jedenfalls, wenn die Zugehörigkeit zur Transfer-Gesellschaft eine Zeit des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist. Davon ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet war, an angebotenen Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen und dem Direktionsrecht, etwa in Bezug auf Nebentätigkeiten oder Freistellungen, des Arbeitgebers untergeordnet ist. Eine Freistellung von der eigentlichen Arbeit ist insoweit unerheblich (BSG, Urteil v. 4.7.2012, B 11 AL 9/11 R, SozR 4-4300 § 131 Nr. 5, und 20/10 R, Kurzwiedergabe in info also 2013 S. 69). Im Übrigen unterscheide § 151 Abs. 3 Nr. 1 nicht nach bestimmten Arten von Kurzarbeit.

 

Rz. 37

Technisch ist die Erweiterung des Bemessungsrahmens durch Verminderung der Jahreszahl seines Beginndatums zu vollziehen, z. B. vom 1.5.2011 auf den 1.5.2010. Begann der einjährige Bemessungsrahmen am 29. Februar eines Scha...

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