Rz. 9

Abs. 2 Satz 1 ermächtigt die Länder dazu, zu bestimmen, dass die Kreise ihre Gemeinden und Gemeindeverbände zur Durchführung der ihnen obliegenden Aufgaben nach dem SGB II heranziehen können. Damit kann insbesondere die in Gemeinden vorhandene fachliche Kompetenz für die Leistungsgewährung genutzt werden. Auch sind im Regelfall die sächliche Ressourcen verfügbar, die für die Aufgabendurchführung benötigt werden. Es handelt sich um eine Kann-Bestimmung, dem Sozialhilferecht vergleichbar. Daher war schon zu erwarten, dass die Länder ausnahmslos davon Gebrauch machen würden. Die Gemeinden und Gemeindeverbände haben kein Abwehrrecht, sie können weder auf ein Einvernehmen bestehen noch geltend machen, nicht die erforderliche Leistungsfähigkeit zu besitzen, sei es aufgrund der Personalausstattung, der Personalqualifikation oder bestehender Liegenschaftsprobleme. Durch Landesrecht wird auch bestimmt, wie die Heranziehung geschieht (z. B. durch Satzung).

 

Rz. 9a

Sofern derartige Schwierigkeiten bestehen, ist der Landkreis dazu verpflichtet, für Abhilfe zu sorgen. Durch die Heranziehung zur Aufgabendurchführung ändert sich die Trägerschaft des Landkreises im Sinne von Zuständigkeit nicht. Er ist verantwortlich dafür, dass die Leistungsberechtigten ihren Anspruch nach den Grundregeln des SGB I (vgl. insbesondere den Zugang zu den Leistungen nach § 17) realisieren können und Ansprüche ordnungsgemäß erfüllt werden. Andererseits ist die Heranziehung auf die Durchführung von Aufgaben beschränkt; ein vollständiger Aufgabenübergang wäre unzulässig, weil Abs. 2 nur die Heranziehung zur Durchführung deckt. Zur Durchführung kann generell herangezogen werden, aber auch nur für Teilaufgaben oder bestimmte Fälle.

 

Rz. 9b

Die Heranziehung von Gemeinden und Gemeindeverbänden ist eine bürgerfreundliche Maßnahme, die insbesondere eine ortsnahe Leistungserbringung ermöglicht. Sie wird, nachdem die Länder die grundsätzliche Regelung zur Heranziehung und Regelungen zum Umfang der Heranziehung getroffen haben, über die Satzung oder durch öffentlich-rechtlichen Vertrag i. S. einer Heranziehungsvereinbarung vollzogen. Zu den Gemeindeverbänden gehören die Samtgemeinden in Niedersachsen, die Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz, die Gebietskörperschaften in Sachsen-Anhalt und die Verwaltungsgemeinschaften in Sachsen sowie in Bayern und Baden-Württemberg.

 

Rz. 9c

Die Länder können bestimmen, dass die Heranziehung für alle Aufgaben oder nur einen Teil davon gestattet ist, und diesen Teil festlegen. Im festgelegten Bereich der Aufgabendurchführung können die Länder die Kreise auch ermächtigen, den Gemeinden und Gemeindeverbänden Weisungen zu erteilen. Diese handeln aufgrund gesetzlichen Auftrages für ihren Kreis (§ 93 SGB X). Daraus folgt ihre Pflicht, über die Durchführung der Aufgaben Auskunft zu geben und Rechenschaft abzulegen. Umgekehrt kann der Kreis die Gemeinden und Gemeindeverbände an seine Rechtsauffassung binden (§ 89 Abs. 3 und 5 SGB X). Darüber hinaus gelten § 91 Abs. 1 und 3 SGB X, d. h., die Kreise haben die Aufwendungen zu erstatten und darauf Vorschüsse zu erbringen. Die Erstattungspflicht gilt nicht, soweit Leistungen durch Verschulden der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes zu Unrecht erbracht worden sind. Hierbei wird in aller Regel die Verweigerung der Erstattung nicht auf jeden Bearbeitungsfehler im Einzelfall gestützt werden können. In Betracht kommen aber grundsätzliche Mängel, z. B. die Nichtbeachtung einer klaren Weisung durch die gesamte Mitarbeiterschaft der Gemeinde, weil entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen nicht durchgeführt worden sind.

 

Rz. 9d

Die Form der Weisungserteilung bleibt den Kreisen überlassen. Sie können von ihrem Recht im Sinne von Verwaltungsvorschriften wie auch durch Anweisung im Einzelfall Gebrauch machen. Das Weisungsrecht ergibt sich für die originäre kommunale Zuständigkeit nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 aus der Selbstverwaltungsaufgabe der Kommune.

 

Rz. 10

Wurden die Gemeinden und Gemeindeverbände zur Aufgabendurchführung herangezogen, hat der Landkreis den Widerspruchsbescheid nach dem SGG zu erlassen, gegen den der Berechtigte vor dem Sozialgericht Klage erheben kann. Daraus folgt, dass die Gemeinden und Gemeindeverbände selbst Widersprüchen abhelfen können, ggf. müssen sie einer entsprechenden Anweisung des Kreises folgen. Abs. 2 Satz 2 stellt klar, dass die Berechtigung der gemeinsamen Einrichtungen i. S. d. § 44b (wie schon zur Aufgabenwahrnehmung) so auch zum Erlass von Widerspruchsbescheiden dadurch nicht berührt wird. Im Falle der Bildung von gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b entfällt die Befugnis der herangezogenen Gemeinden, Verwaltungsakte zu erlassen. Dies fällt der gemeinsamen Einrichtung zu.

 

Rz. 11

Abs. 2 Satz 3 ermächtigt die Länder auch, für die zugelassenen kommunalen Träger zu bestimmen, dass auch sie – außerhalb von gemeinsamen Einrichtungen – die ihnen zugehörigen Gemeinden und Gemeindeverbände heranziehen dürfen. Aufgrund landesrechtlicher Bestimmung gilt, dass Gemeinden und Ge...

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