Rz. 27

Abs. 1 Satz 3 ermächtigt die gemeinsame Einrichtung, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Das hat zunächst zur Folge, dass die gemeinsame Einrichtung unter einem eigenen Briefkopf firmiert, die Bezeichnung "Jobcenter" hat sie schon nach § 6d zu führen. Ergänzungen sind nicht nur gestattet, sondern auch i. S. von Transparenz für den Bürger erforderlich. Die Bescheide der gemeinsamen Einrichtung sollen nach dem ausdrücklichen gesetzlichen Ziel der Leistungserbringung aus einer Hand sowohl über die Leistungen des kommunalen Trägers wie auch über Leistungen der Agentur für Arbeit als die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden. Der Bürger soll auch nicht 2 Bescheide der Träger in einem Umschlag erhalten. Das Grundgesetz ermächtigt dazu, dass insoweit Bund und Länder (hier: kommunale Träger) zusammenarbeiten, so dass für den Bürger eben nicht immer bei jedem Wort im Bescheid deutlich zu erkennen ist, welchem Träger es zuzuordnen ist. Gleichwohl können die Bescheide so gestaltet werden, dass einem verständigen und interessierten Bürger ohne besonderen Aufwand die Trägerherkunft eines Bescheides der gemeinsamen Einrichtung nicht entgeht.

 

Rz. 28

Briefköpfe für gemeinsame Einrichtungen werden bei zentralen Datenverarbeitungsverfahren für eine Massenverwaltung auch technischen Restriktionen ausgesetzt sein. Soweit technisch möglich, sollte der Briefkopf neben der Bezeichnung "Jobcenter" erkennen lassen, welche Träger sich dahinter verbergen. Auch Logos oder Wappen sind denkbar, soweit in einem Briefkopf dafür und evtl. für Phantasiezusätze auch in technischer Hinsicht Platz geschaffen werden kann.

 

Rz. 29

Die gemeinsame Einrichtung darf auch Widerspruchsbescheide erlassen. Widersprüche und Klagen sind ein zentrales Problem der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch 8 Jahre nach der Einführung am 1.1.2005. Die Ursachen dafür sind weniger in der mangelhaften Qualität der Bescheide oder Widerspruchsbescheide zu finden, wie manche Sozialgerichte oder Interessenverbände gern, auch im Hinblick auf die eigenen Aussichten auf Personalmehrungen und ins Haus stehenden Beförderungsmöglichkeiten die Öffentlichkeit glauben machen wollen. Spezialisierte Anwaltskanzleien mit professionellen, taggenauen Wiedervorlagesystemen sind darauf ausgerichtet, taggenau und unabhängig vom Umfang der wirtschaftlichen Vorteile ihrer Mandanten allein mit der Aussicht auf eine einträgliche pauschalierte Kostenerstattung Widerspruchs- und Klageverfahren anzustrengen und für wenige Cent auszutragen. Dafür eignen sich insbesondere auch Untätigkeitsklagen 3 Monate nach der Erhebung eines Widerspruchs, weil bei Fristversäumnis des Jobcenters das Sachrisiko für den Kläger entfällt. Als problematisch sind weiterhin die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Bescheide über die Bewilligung von Leistungen zum Lebensunterhalt, das Vertrauen der Bürger in das System der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der handelnden Akteure sowie Aufhebungs- und Erstattungsverfahren zu sehen. Gleichwohl ist die Anzahl der erhobenen Widersprüche zuletzt um rd. 10 % zurückgegangen.

 

Rz. 30

Die gemeinsamen Einrichtungen als Widerspruchsbehörde haben auf die notwendige Neutralität zu achten. Das bedeutet insbesondere, dass die Widerspruchsstelle nicht der Führungskraft unterstellt wird, die auch den größten Teil der angegriffenen Leistungsbescheide zu verantworten hat. Typischerweise und im Hinblick auf die Beschlüsse des Petitionsausschusses und des Deutschen Bundestages ist die Widerspruchsstelle dem Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung zu unterstellen, sie sollte bei ausreichender Größe auch einer eigenen unabhängigen Führungskraft unterstellt sein, die Widerspruchsbescheide zeichnet. Diese Führungskraft ist z. B. auch verantwortlich für den Schriftwechsel in Klageverfahren.

 

Rz. 31

Im Grundsatz vertreten die gemeinsamen Einrichtungen auch ihre Verfahren in 2. und 3. Instanz, also in Berufungsverfahren der 2. Instanz und in Revisionsverfahren der 3. Instanz. Zumeist beschäftigen die gemeinsamen Einrichtungen auch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Ausbildung auch formal qualifiziert zur Vertretung der gemeinsamen Einrichtung vor den Instanzgerichten sind. Im Übrigen werden Rechtsanwälte beauftragt. Vor den Landessozialgerichten und dem BSG wird eine effektive Vertretung der gemeinsamen Einrichtungen und auch der zugelassenen kommunalen Träger nicht ungern gesehen, weil damit Doppelklagen und -verfahren verringert werden können und mehr eine bundeseinheitliche Perspektive eingenommen wird. Nichts anderes gilt, wenn die Umsetzung eines Urteils in der 2. oder 3. Instanz in Frage steht. Insbesondere die kommunalen Träger tun sich schwer, wenn dies eigenen Konzepten, etwa bei den Leistungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung in angemessenem Umfang, zuwider läuft. Die Bundesagentur für Arbeit verfügt über ein erfahrenes, effizientes und sehr erfolgreiches System zur bundesweiten Vertretung der Dienststellen vor den...

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