Rz. 11

Gegen einen belastenden Bescheid des Trägers der Grundsicherung ist der Widerspruch bzw. die Anfechtungsklage zulässig. Die Anfechtungsklage kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Rückforderung bereits erbrachter Leistungen in Rede steht. Dagegen ist die Verpflichtungsklage zu erheben, wenn eine Leistung begehrt wird, die vom Träger der Grundsicherung abgelehnt wurde.

 

Rz. 12

Nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 gilt § 44 SGB X mit der Maßgabe, dass rechtswidrig nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Abs. 1 und 2 nicht später als 4 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben wurde, zurückzunehmen sind. Ausreichend ist, wenn die Rücknahme des Verwaltungsaktes innerhalb dieses 4-Jahres-Zeitraums beantragt wird.

 

Rz. 13

Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X die Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu 4 Jahren vor der Rücknahme erbracht. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bestimmt, dass abweichend von Satz 1 § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gilt, dass anstelle des Zeitraumes von 4 Jahren ein Zeitraum von einem Jahr gilt. § 44 SGB X dient dazu, einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an Rechtssicherheit und dem Interesse des Leistungsberechtigten an materieller Gerechtigkeit für den Fall herzustellen, dass eine Verwaltungsentscheidung zum Nachteil des Leistungsberechtigten rechtswidrig war. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist allerdings die in § 44 Abs. 4 SGB X enthaltene 4-Jahres-Frist für die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die als steuerfinanzierte Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts gezahlt wird, zu lang. Durch die Begrenzung des Schutzraumes auf ein Jahr können Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende damit längstens bis zum Beginn des Jahres rückwirkend erbracht werden, das dem Jahr der Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes oder der darauf gerichteten Antragstellung vorausgegangen ist.

 

Rz. 14

Die Verkürzung des Zeitraums von 4 auf ein Jahr nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 gilt für alle Leistungsbereiche des SGB II (Löcken, in: Eicher/Luik/Harich, SGB II, § 40 Rz. 44). Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 wird verfassungsrechtlich für unbedenklich erachtet (BSG, Urteil v. 12.10.2016, B 4 AS 37/15 R; Bay. LSG, Urteil v. 19.3.2014, L 16 AS 289/13 mit Hinweis auf die Gesetzesbegründung; Merten, in: BeckOK, SGB II, § 40 Rz. 6). Eine Rücknahmeentscheidung ist nicht mehr zu treffen, wenn die zurückzunehmende Entscheidung ausschließlich Leistungen betrifft, die außerhalb der Verfallsfrist von einem Jahr liegen. Die Verfallfrist nach § 40 Abs. 1 Satz 2 wird vom Beginn des Jahres an berechnet, in dem der Antrag gestellt worden ist (BAG, Urteil v. 18.5.2022, B 7/14 AS 27/21 R).

 
Praxis-Beispiel

Am 15.6.2023 wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende können nur ab dem 1.1.20122 erbracht werden.

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