Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Überprüfungsverfahren. Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. verspäteter Antrag. Anwendbarkeit des § 40 Abs 1 S 2 SGB 2 nF auf noch anhängige Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

§ 40 Abs 1 S 2 SGB 2 nF ist ab dem 1.8.2016 auch auf noch anhängige Verfahren anwendbar.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen den Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 27.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2015 (Aktenzeichen) und begehren eine Sachprüfung und in dessen Ergebnis letztlich die Aufhebung des zur Überprüfung gestellten Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 05.06.2009 für den Leistungszeitraum Juni 2009.

Mit dem Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 25.11.2008 wurden den Klägern Grundsicherungsleistungen nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Leistungszeitraum vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 in bewilligt.

Den Klägern ist ein Guthaben aus einer Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 zugeflossen. Mit den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 05.06.2009 hat der Beklagte die Bewilligungsentscheidung für den Monat Juni teilweise aufgehoben und eine Erstattung bewilligter Kosten der Unterkunft in Höhe von 69,19 €, bzw. 69,18 € verlangt. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid war alleine an die Klägerin zu 2) gerichtet und hat die Leistungen ihr gegenüber und “ihrem Kind„ Herrn L. S. - dem Kläger zu 1) aufgehoben. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid -bekannt gegeben im Jahr 2009 - wurde bestandskräftig.

Erstmalig unter dem 16.02.2015 haben die Kläger durch ihren Bevollmächtigten die Überprüfung dieses Aufhebungs- und Erstattungsbescheides beantragt.

Mit dem angefochtenen Überprüfungsbescheid vom 27.02.2015 hat der Beklagte eine Überprüfung ohne Sachprüfung wegen Verfristung abgelehnt und dies damit begründet, dass die Verfallfrist des § 44 Absatz 4 zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 40 Absatz 1 SGB II nur ein Jahr betrage und anzuwenden sei.

Der gegen diesen Bescheid am 27.03.2015 eingelegte Widerspruch blieb erfolglos und wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 10.08.2015 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 07.09.2015 erhobene und am gleichen Tag bei dem Sozialgericht Cottbus eingegangene Klage, mit der die Kläger ihr Begehren weiter verfolgen.

Sie tragen vor, dass sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 13.02.2014, B 4 AS 19/13 R eindeutig ergebe, dass die Verfallklausel des § 44 Absatz 4 SGB X auf Aufhebungs- und Erstattungsbescheide keine Anwendung finde und deswegen eine Sachprüfung zu erfolgen habe.

Die Kläger beantragen,

den Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 27.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 05.06.2009 für den Monat Juni 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Gerichts waren.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 SGG zulässig. Die Kläger begehren nicht alleine die Aufhebung des eine Überprüfung ablehnenden Bescheides in Gestalt des Widerspruchsbescheides, sondern den Erlass eines neuen Überprüfungsbescheides, mit dem der streitige Aufhebungs- und Erstattungsbescheid aufgehoben werden soll (vgl. Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 11. Auflage, § 54 Rz. 20 c)

Die Klage ist allerdings unbegründet, denn der Überprüfungsbescheid des Beklagten vom 27.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2015 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Der Beklagte hat im Ergebnis zu Recht das Überprüfungsbegehren der Kläger mit dem angefochtenen Überprüfungsbescheid in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 10.08.2015 ohne Sachprüfung wegen Verfristung abgelehnt.

Hierbei kann dahinstehen, ob - wie der Beklagte mit beachtlichen Gründen anführt - das Urteil des Bundessozialgericht vom 13.02.2014, B 4 AS 19/13 R der Annahme einer Verfristung deswegen nicht entgegensteht, weil eine durch diese Entscheidung angenommene Regelungslücke, die zur einer analogen Anwendung des § 44 Absatz 1 SGB X führen soll, nicht vorliegt, weil diese -vermeintliche - Lücke durch § 44 Absatz 2 SGB X geschlossen sei.

Denn mit dem 9. Gesetz zur Änderung des SGB II und des zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom 26.07.2016 (BGBL I, S. 1824) hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 01.08.2016 § 40 Absatz 1 Satz 2 SGB II neu gefasst und darin angeordnet, dass abweichend von Satz 1 (Geltung des SGB X) § 44 SGB X mit der Maßgabe gilt, dass

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