Rz. 8

Als zusätzliche Leistungsform ist in den Regelungen zu den Leistungen für Bildung und Teilhabe nach §§ 28 ff., nicht aber in § 4, rückwirkend zum 1.1.2011 der Gutschein aufgenommen worden. Gutscheine sind keine eigenständige Leistungsform, auch soweit unbare Formen der Leistungserbringung weder der Geld- noch der Sach- oder der Dienstleistung unmittelbar zugeordnet werden können. In Abs. 1 sind Gutscheine eine Teilmenge der Sachleistungen. Gutscheine betreffen insbesondere die zur Erbringung der Leistungen für Bildung und Teilhabe nach § 28 zu erbringenden Gutscheine (§ 29). Auch umfasst sind Gutscheinverfahren im Bereich der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (z. B. Bildungs- und Vermittlungsgutschein), die aufgrund ihrer Bestimmung allerdings den Dienstleistungen unterfallen. § 29 Abs. 1 verdeutlicht ausdrücklich, dass die Leistungen für Bildung und Teilhabe sowohl als Dienstleistung wie als Sachleistung erbracht werden. Neben personalisierten Gutscheinen und Direktzahlungen kommen auch andere, vom kommunalen Träger gewählte Formen der Leistungserbringung in Betracht (vgl. z. B. Leistungen zur Erstausstattung der Wohnung sowie für Bekleidung einschließlich Schwangerschaft und Geburt nach § 24). Schließlich werden Lebensmittelgutscheine eingesetzt, um Zeiträume höherer Leistungsbeschränkungen bei Sanktionen als ergänzende Leistungen zu überbrücken. Sie betragen im Wert bis zu rd. 50 % der Leistung für den Regelbedarf. Mitunter werden Lebensmittelgutscheine auch eingesetzt, um mittellosen Leistungsberechtigten im Vorgriff auf die nächste Leistungszahlung ein Darlehen zu gewähren (vgl. aber seit dem 1.8.2016 § 42 Abs. 2 über vorzeitige Leistungen).

 

Rz. 8a

Der Gutschein für Leistungen nach § 28 beinhaltet wie auch sonst Gutscheine das Versprechen des kommunalen Trägers, für die Erbringung der im Gutschein genannten Leistungen durch einen Dritten die im Gutschein genannte oder in Rahmenverträgen vereinbarte Vergütung zu zahlen. Gutscheinverfahren weisen oft verwaltungstechnische und praktische Probleme auf. Wenn sie nicht vollständig elektronisch gehandhabt werden können, wie das bis auf Weiteres oder gar auf Dauer bei den Leistungen für Bildung und Teilhabe von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen der Fall sein wird, weil die notwendige Infrastruktur noch nicht aufgebaut ist und angesichts der kommunalen Trägerschaft auch nicht mehr aufgebaut werden wird, dürfte der Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zu den eigentlichen Ausgaben für Bildung und Teilhabe stehen. Gutscheine sind grundsätzlich, soweit nicht gesetzlich anders vorgesehen, im Hinblick auf die Menschenwürde auf Ausnahmefälle zu beschränken. Das betrifft aber nicht gängige Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, wie z. B. den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein oder den Bildungsgutschein, sondern insbesondere Lebensmittelgutscheine. Allgemein wird beklagt, dass bei dauerhafter Sachleistungsgewährung die sozialen Kompetenzen leiden oder verloren gehen, um mit den gewährten Geldleistungen den Bedarf für den Lebensunterhalt zu sichern.

 

Rz. 8b

Sachleistungen (Abs. 1 Nr. 3) sind geldwerte Leistungen, die aber nicht in Geld erbracht werden. Durch Sachleistungen kann die Zweckbestimmung einer Leistung besonders zum Ausdruck gebracht werden. Gleichwohl räumt der Gesetzgeber den Sachleistungen nach dem SGB II eine geringere Bedeutung ein. In Sanktionsfällen waren vor dem Bürgergeld-Gesetz zum Teil Sachleistungen vorgesehen (vgl. § 31a Abs. 3), die jedoch seit der Rechtsprechung des BVerfG am 5.11.2019 mit maßgeblichen Begrenzungen der Leistungsminderungen nicht mehr erbracht werden mussten. Sachleistungen sind z. B. Naturalien oder Gegenstände (z. B. die "Kleiderkammer"). Eine Sachleistung liegt auch in Fällen des § 22 Abs. 7 vor, wenn Leistungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung unmittelbar an den Empfangsberechtigten ausgezahlt werden. Auch Gut- und Berechtigungsscheine anderer Art können den Sachleistungen zugerechnet werden, etwa die Lebensmittelgutscheine während einer Sanktion (vgl. § 31a Abs. 3). Weitere Sachleistungen können in Essensausgaben oder Gegenständen aus Möbellagern bestehen. In einem Revisionsverfahren hat das BSG entschieden, dass durch Sachleistungen in Form von Gutscheinen nicht ohne Weiteres ein bestehender Zahlungsanspruch erfüllt werden kann (BSG, Urteil v. 12.10.2017, B 4 AS 34/16 R). Im entschiedenen Verfahren handelte es sich noch um die Rücknahme einer festgestellten sog. 100 %-Sanktion, die zwischenzeitlich nicht mehr möglich ist. Die Gutscheine beruhten auf (noch) nicht aufgehobenen bzw. zurückgenommenen eigenständigen Verwaltungsakten. Für das BSG kam es auf die Anwendung zivilrechtlicher Regelungen zur Erfüllung von Leistungsansprüchen nicht an, weil es bezogen auf Sozialleistungen an entsprechenden spezialgesetzlichen Vorschriften fehlt. Zuvor hatte das LSG Berlin-Brandenburg ebenso entschieden und verdeutlicht, dass dem Jobcenter insofern kein Wahlrecht bleibt (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v....

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