Rz. 16

Der zum 1.4.2011 eingefügte Abs. 2 bestimmt, dass die umgangsberechtigte Person für Leistungen an Kinder im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts die Befugnis hat, Leistungen nach dem SGB II zu beantragen und entgegenzunehmen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind dem Haushalt des Antragstellers angehört. Minderjährige Kinder bilden für die Zeit des Aufenthalts beim umgangsberechtigten Elternteil mit diesem eine "temporäre Bedarfsgemeinschaft" und haben für diese Zeit bei bestehender Hilfebedürftigkeit einen Anspruch auf zeitlich anteilige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Umgangsberechtigte, der das Sorgerecht nicht innehat, war bislang nicht vertretungsbefugt und konnte damit einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II für das Kind nicht stellen.

 

Rz. 17

Die Bestimmung regelt die Vertretungsbefugnis zur Geltendmachung von Ansprüchen des Kindes aus der temporären Bedarfgemeinschaft mit dem umgangsberechtigten Elternteil im Verwaltungsverfahren. Im Gegensatz zur Vertretungsbefugnis nach Abs. 1 handelt es sich bei der Vertretungsbefugnis nach Abs. 2 nicht um eine widerlegbare Vermutung einer Vollmacht, sondern um eine gesetzlich eingeräumte Vertretungsmacht (allg. Meinung, vgl. Kallert, in: Gagel, SGB II, § 38 Rz. 7 und 41; Silbermann, in: Eicher/Luik, SGB II, § 38 Rz. 13). Voraussetzung ist, dass die Eltern eines minderjährigen leistungsberechtigten Kindes getrennt leben, sich das Kind überwiegend bei einem Elternteil aufhält, dem anderen Elternteil ein Umgangsrecht eingeräumt ist und dieser es dadurch wahrnimmt, dass sich das Kind zeitweise bei ihm so aufhält, sodass es zu seinem Haushalt gehört. Davon ist auszugehen, wenn das Kind regelmäßig länger als einen Tag bei umgangsberechtigten Personen wohnt, also nicht nur sporadische Besuche vorliegen (Burkiczak, in: BeckOK; SGB II, § 38 Rz. 10).

 

Rz. 18

Die ausdrücklich normierte Antragsbefugnis nach Abs. 2 nebst Empfangsberechtigung erfasst alle Verfahrenshandlungen, die mit der Antragsstellung und der Entgegennahme der Leistungen zusammenhängen und der Verfolgung des Antrags dienen (OLG Jena, Beschluss v. 4.7.2014, 1 UF 71/14). Hierzu gehört auch die Einlegung des Widerspruchs (BT-Drs. 17/3404, Begründung zu Art. 2 Nr. 32 zu § 38 S. 188), nicht aber ein gerichtliches Verfahren (Burkiczak, in: BeckOK, SGB II, § 38 Rz. 10; Kallert, in: Gagel, SGB II, § 38 Rz. 47 m. w. N.).

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