Rz. 72

Nach Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ist ein Zuschuss bei Versicherungspflicht aufgrund freiwilliger Krankenversicherung zu zahlen, weil die Begrenzung auf den eigentlichen anspruchsberechtigten Personenkreis eine Schlechterstellung bedeuten würde. Betroffen sind freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Personen. Diese sind versicherungspflichtig zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 3 SGB XI). § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI bestimmt, dass die Mitglieder den Beitrag allein zu tragen haben. Dieser kann vom Einkommen abgesetzt werden (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2). Es gibt aber Fälle, in denen dies nicht bzw. nicht vollständig möglich ist, weil das den Bedarf übersteigende Einkommen dazu verwendet wird, den Beitrag zur Krankenversicherung zu entrichten und danach kein den Bedarf überschießendes Einkommen mehr vorhanden ist oder nur ein Restbetrag, der dazu ausreicht, den Beitrag zur Pflegeversicherung teilweise zu entrichten (vgl. in diesem Zusammenhang auch BSG, Urteil v. 15.11.2012, B 8 SO 3/11 R). Beiträge sind zu übernehmen, soweit das notwendig ist, um den Eintritt von Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Der notwendige Umfang drückt sich in fehlendem Einkommen aus, das zwar den anderweitigen Bedarf deckt und ggf. auch übersteigt, aber nicht (vollständig) dazu ausreicht, auch den Beitrag zur Pflegeversicherung zu finanzieren.

 

Rz. 73

In Fällen des Abs. 2 Satz 3, in denen Hilfebedürftigkeit allein wegen des Beitrages zur sozialen Pflegeversicherung eines in der sozialen Pflegeversicherung Pflichtversicherten eintritt, ist ebenfalls der Beitrag in dem Umfang zu übernehmen, der rechnerisch dazu benötigt wird, die Hilfebedürftigkeit zu vermeiden bzw. zu beseitigen. Dazu ist ein Zuschuss in dem Umfang zu leisten, in dem der Pflegeversicherungsbeitrag höher ist als das den Bedarf übersteigende Einkommen. Damit liegt im Ergebnis Hilfebedürftigkeit nicht vor.

 

Rz. 74

Der Zuschuss zur privaten Pflegeversicherung ist auch zu zahlen, wenn dadurch Hilfebedürftigkeit vermieden werden kann. Dabei geht es um Fälle, in denen die Hilfebedürftigkeit allein durch die Zahlung des Beitrages zur privaten Pflegeversicherung eintritt (Abs. 4 Satz 1 Nr. 2). Das hängt damit zusammen, dass der Beitrag vom zu berücksichtigenden Einkommen abgesetzt werden muss (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2). Abs. 4 setzt ebenfalls keine angemessene private Pflegeversicherung voraus. Die Vorschrift verpflichtet die Jobcenter, auch den Beitrag zur privaten Pflegeversicherung zu übernehmen, der allein Hilfebedürftigkeit verursacht, weil der Versicherte ihn schuldet. Der Zuschuss ist notwendig i. S. der Vorschrift, soweit er benötigt wird, um Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Das entspricht der Differenz zwischen dem halbierten Höchstbetrag für die private Pflegeversicherung und dem den Bedarf übersteigenden Einkommen.

Beispiele:

  • Durch Abzug des privaten Pflegeversicherungsbeitrages von angenommenen 85,00 EUR monatlich vom Einkommen fällt das Einkommen auf 30,00 EUR unter den Bedarf. Damit tritt Hilfebedürftigkeit ein. Die Folge davon ist, dass sich der relevante Beitrag um die Hälfte vermindert (um 42,50 EUR monatlich). Dementsprechend verringert sich auch die Absetzung nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf 42,50 EUR, sodass nunmehr der Bedarf durch das Einkommen gedeckt ist (das Einkommen liegt um 12,50 EUR über dem Bedarf). Ein Zuschuss muss nicht geleistet werden.
  • Durch Abzug des privaten Pflegeversicherungsbeitrages von angenommenen 85,00 EUR monatlich vom Einkommen fällt das Einkommen auf 70,00 EUR unter den Bedarf. Damit tritt Hilfebedürftigkeit ein. Die Folge davon ist, dass sich der Beitrag um die Hälfte vermindert (um 42,50 EUR monatlich). Dementsprechend verringert sich auch die Absetzung nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 auf 42,50 EUR. Damit bleibt Hilfebedürftigkeit jedoch noch immer bestehen, weil durch die Absetzung das Einkommen um 27,50 EUR unter den Bedarf fällt. Daher ist zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit ein Zuschuss in Höhe von 27,50 EUR zu zahlen.
 

Rz. 75

Die Jobcenter haben zu beachten, dass auch die Gewährung eines Zuschusses zur privaten Krankenversicherung ggf. schon ausreichen kann, um Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Andernfalls kann es erforderlich werden, daneben auch einen Zuschuss zur privaten Pflegeversicherung zu leisten, um den Eintritt von Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Je nach Sachverhaltsgestaltung ist letztlich auch nur der Beitrag oder ein Teil davon zur sozialen Pflegeversicherung zu übernehmen, wenn z. B. der Bedarf an Beitrag zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung noch aus Einkommen bestritten werden kann, jedoch nicht mehr der Pflegeversicherungsbeitrag (in voller Höhe).

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