Rz. 48

Abs. 6 ist eine Folgeregelung zu § 22 Abs. 5 und § 20 Abs. 3. Nach Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende war die Zahl der anspruchsberechtigten Bedarfsgemeinschaften weit über das geplante Maß hinausgeschossen. Analysen ergaben, dass insbesondere Jugendliche die Gesetzeslage dazu nutzten, nicht nur im Elternhaus eine eigene Bedarfsgemeinschaft zu gründen (mit Eintritt der Volljährigkeit), sondern gleich einen eigenen Hausstand. In manchen Städten waren Ein-Personen-Wohnungen nicht mehr zu mieten. Bei dieser Fallkonstellation war den leistungsberechtigten Jugendlichen nicht nur Bürgergeld, sondern darüber hinaus auch die Erstausstattung für die Wohnung zu zahlen. Damit begünstigte und finanzierte der Bund die Gründung eigener Hausstände. Mit der Regelung des § 22 Abs. 5 und einer abgesenkten Leistung für den Regelbedarf soll erreicht werden, dass diese Finanzierung nur noch in begründeten Fällen stattfindet. Grundsätzlich sollen Jugendliche unter 25 Jahren zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern oder eines Elternteiles gehören und den nach der Regelsatzverordnung, umgesetzt in die Bekanntmachung der Regelbedarfe nach § 20, festgelegten Anteil an der Leistung für den Regelbedarf (rd. 80 % der vollen Leistung) erhalten. Mit dieser Neuregelung durch das Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze zum 1.4.2006 in § 22 Abs. 2a a. F. im Grundsatz konnte allerdings nicht dem Sachverhalt begegnet werden, bei dem der Jugendliche zunächst einen eigenen Hausstand gründet und erst dann Leistungen zum Lebensunterhalt beantragte. Diesen Mangel behob § 22 Abs. 2a Satz 4 a. F. ab 1.8.2006 (seit 1.1.2011 Abs. 5). Die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern knüpft § 7 Abs. 3 an das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft, die bei eigenem Hausstand nicht gegeben ist. Damit erreicht die Neuregelung im Ergebnis, dass Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung nicht mehr beansprucht werden können. Nach dem gesetzgeberischen Verständnis soll der Steuerzahler im Grundsatz den Auszug Jugendlicher aus dem Elternhaus nicht finanzieren. Ein Auszug aus dem Elternhaus bei bestehender Hilfebedürftigkeit ohne leistungsrechtliche Nachteile wird durch das Gesetz jedoch nicht ausnahmslos ausgeschlossen. Hierfür gelten § 22 Abs. 5 und § 24 Abs. 6. Abs. 6 ist nicht anzuwenden, wenn 2 Jugendliche unter 25 Jahren als Partner verbunden sind, denn sie können nicht auf die jeweiligen elterlichen Wohnungen verwiesen werden (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 7.11.2012, L 3 AS 5162/11). In einem solchen Fall liegt allerdings auch nicht der Missbrauch vor, dem der Gesetzgeber einen Riegel vorschieben wollte.

 

Rz. 49

Der Anwendungsbereich des Abs. 6 wird durch die Vorschrift selbst auf Fälle des § 22 Abs. 5 beschränkt. In Fällen des § 22 Abs. 5 zieht ein Jugendlicher unter 25 Jahren um. Im Rahmen dieser Vorschrift ist darüber zu entscheiden, ob dem Jugendlichen für die Zeit nach dem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt werden. Sind dem Jugendlichen die Leistungen zu verwehren, liegt zugleich ein Fall nach Abs. 6 vor. Dasselbe gilt in Fällen des § 22 Abs. 5 Satz 4: Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen. Dann kommt auch keine Leistung für die Erstausstattung der Wohnung in Betracht. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wird eine positive Entscheidung durch das Jobcenter per Zusicherung vor Abschluss des Mietvertrages durch den Jugendlichen getroffen. In den Fällen des § 22 Abs. 5 Satz 2 ist das Jobcenter verpflichtet, die Zustimmung zu erteilen (schwerwiegende soziale Gründe, Erforderlichkeit zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt oder ein anderer ähnlich schwerwiegender Grund). In diesen Fällen kann vom Erfordernis der Zustimmung auch abgesehen werden, wenn dem Jugendlichen ein wichtiger Grund zur Seite stand, der ihm die Einholung der Zusicherung unzumutbar machte. Zur Auslegung der Vorschrift vgl. die Komm. zu § 22. Darüber hinaus entscheidet das Jobcenter nach pflichtgemäßem Ermessen über die Erteilung der Zusicherung (§ 22 Abs. 5 Satz 1). Hierbei wird der kommunale Träger einen strengen Maßstab anlegen, weil schon kein Grund nach § 22 Abs. 5 Satz 2 vorliegt. Für die Erbringung von Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung des Jugendlichen ist die Zusicherung des Jobcenters zur Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zwingende Voraussetzung. Zugleich hat diese Zusicherung auch Tatbestandswirkung. Das bedeutet, dass die Grundsicherungsstelle, die auch für die Erstausstattung der Wohnung zuständig ist (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2), im Grunde eine einheitliche Entscheidung treffen muss. Sie kann weder Leistungen für Unterkunft und Heizung zusichern, aber die Erstausstattung verweigern noch umgekehrt. Musste der Juge...

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