Rz. 402

Abs. 9 soll das Jobcenter des zugelassenen kommunalen Trägers bzw. der gemeinsamen Einrichtung in die Lage versetzen, auf eine wegen Zahlungsunfähigkeit des Leistungsberechtigten beruhende Räumungsklage zu reagieren und eintretende Wohnungslosigkeit abzuwenden. Die Regelungen gewährleisten eine Gleichbehandlung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII, das entsprechende Regelungen vorsieht (vgl. § 36 Abs. 2 SGB XII). Die Verweisungen auf die zum Mietrecht geltenden Regelungen im BGB zielen auf die Bereitschaft der Grundsicherungsstelle, innerhalb von 2 Monaten nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage die Bereitschaft zu erklären, den geschuldeten Mietzins zu zahlen und dadurch die Unwirksamkeit der Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter wegen Zahlungsverzugs des Mieters herbeizuführen (vgl. dazu aber auch die Darstellung der Rechtsprechung des BGH in Rz. 307 ff.). Dazu benötigt das Jobcenter die in Abs. 9 Satz 1 vorgesehenen Angaben. Es wird unabhängig davon zugleich nach Abs. 7 vorgehen. Sie können unabhängig von den datenschutzrechtlichen Bestimmungen im SGB I und SGB X mitgeteilt werden. Ist Räumungsklage erhoben und der relevante Zeitraum zur Herbeiführung der Unwirksamkeit der Kündigung noch nicht verstrichen, liegt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch Eilbedürftigkeit vor (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 7.4.2011, L 2 AS 10/11 B ER). Mietschulden können auch noch übernommen werden, wenn die Frist von 2 Monaten abgelaufen ist, der Vermieter sich aber bereiterklärt, im Falle der Begleichung der Mietrückstände das Mietverhältnis fortzusetzen.

 

Rz. 402a

Es obliegt dem (Amts-)Gericht, den örtlich zuständigen Grundsicherungsträger bzw. das Jobcenter zu bestimmen. Das kann seit dem 1.1.2012 auch übergangsweise nicht mehr der kommunale Träger bei getrennter Aufgabenwahrnehmung sein (vgl. § 76 Abs. 1), sondern nur noch die gemeinsame Einrichtung gemäß § 44b als die Aufgaben für den kommunalen Träger wahrnehmende Stelle oder der zugelassene kommunale Träger nach § 6a. Es ist auch möglich, dass der zuständige zugelassene kommunale Träger bzw. die Trägerversammlung nach § 44c die Aufgabe nach Abs. 8 an einen Dritten vergeben hat, insbesondere eine kommunale Stelle. Eine unverzügliche Mitteilung setzt voraus, dass das Amtsgericht nicht erst die Zustellung nach § 253 ZPO abwartet.

Namen und Anschriften der Parteien (Abs. 9 Satz 1 Nr. 2) dienen einerseits der Feststellung, ob das Jobcenter überhaupt betroffen ist (weil er/sie bereits Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt), und andererseits der möglichen Kontaktaufnahme mit dem Gläubiger. Der Termin der mündlichen Verhandlung nach Abs. 9 Satz 1 Nr. 5 ist von Bedeutung für die Abwendung einer gerichtlichen Entscheidung durch Abgabe der Schulden-Übernahmeerklärung. Etwas unverständlich ist die Beliebigkeit des Tages der Rechtshängigkeit des Verfahrens, also der Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift; andererseits wird sich keine gravierende Abweichung vom Zeitpunkt des Eingangs der Klage ergeben. Jedenfalls droht dem Jobcenter kein Fristversäumnis, wenn es die Fristen an diesem Datum ausrichtet. Handelt das Gericht unverzüglich, wird es die Zustellung nach § 253 ZPO nicht abwarten, dann wird die Rechtshängigkeit erst später mitgeteilt. Schwer vorstellbar ist eine Überlegung, den Tag der Rechtshängigkeit in das Belieben des Zivilgerichts zu stellen, weil eine Unterrichtung des Jobcenters vor weiteren Aktivitäten unmittelbar nach Klageeingang erfolgen könnte.

 

Rz. 402b

Die Sozialgerichte können aus Abs. 9 und ihrer allgemeinen Rechtskenntnis heraus verpflichtet sein, ggf. im einstweiligen Rechtsschutz (auch Eilverfahren) zu beachten, dass es zu einer Kündigung der Mietwohnung nicht erst kommt und es deswegen auch keiner nachträglichen Heilung bedarf. Ein Hinweis auf die Pflichten nach Abs. 9 ist nicht geeignet, Wohnungslosigkeit zu vermeiden (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 29.11.2016, L 9 AS 2282/16 B ER). Betrifft ein Klageverfahren einen Teil der geschuldeten Miete als relevante Kosten für Unterkunft und Heizung, hat das entscheidende Gericht bei der Prüfung des Anordnungsgrundes zu berücksichtigen, ob der/die Kläger für längere Zeit, namentlich in Bezug auf die Frist bis zum Abschluss des nachfolgenden Hauptsacheverfahrens, ihrer mietvertraglichen Verpflichtung in vollem Umfang nachkommen können. Ist es dem Kläger nicht möglich, eine Differenz aus den Leistungen für den Regelbedarf zu zahlen, droht die Kündigung der Wohnung durch den Vermieter, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB ermöglicht eine Kündigung, wenn der Mieter mit der Miete an 2 aufeinanderfolgenden Terminen mit mehr als einer Monatsmiete oder über einen Zeitraum, der sich über mehr als 2 Termine erstreckt, mit 2 Monatsmieten in Verzug ist. § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB ermöglicht eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, wenn dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses auch bis zum Ablauf der ordentlichen Künd...

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