Rz. 72

Aus § 28 Abs. 1 bis 3 SGB XII ergibt sich der Auftrag an den Gesetzgeber, aufgrund einer neuen EVS die Höhe der Regelbedarfe nach dem SGB XII durch ein Bundesgesetz neu zu ermitteln. Deshalb wurde das Statistische Bundesamt vom BMAS mit der Durchführung der für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen notwendigen Sonderauswertungen der EVS 2018 beauftragt. Die Ermittlung der Regelbedarfe richtet sich nach § 1 Abs. 2 RBEG 2021. Das Einsetzen einer Sachverständigenkommission in den Prozess der Regelbedarfsermittlung ist gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. BT-Drs. 19/19431).

 

Rz. 73

Das RBEG legt Einpersonenhaushalte und Mehrpersonenhaushalte für die Ermittlung der Regelbedarfsstufen fest, differenziert nach Altersgruppen der Kinder. Einpersonenhaushalte sind Haushalte, in denen eine erwachsene Person allein lebt (§ 2 Satz 1 Nr. 1 RBEG 2021), Familienhaushalte sind Haushalte, in denen ein Paar mit einem minderjährigen Kind lebt (§ 2 Satz 1 Nr. 2 RBEG 2021). § 2 Satz 2 und 3 RBEG differenzieren die Familienhaushalte nach Altersgruppen der Kinder, die die Zeit bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres, vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres sowie vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres umfassen.

 

Rz. 74

Bei den Familienhaushalten werden für die Altersgruppen der Kinder, für die Regelbedarfe festgelegt werden, gesonderte Auswertungen durchgeführt, weil sich der Bedarf von Kindern und Jugendlichen mit zunehmendem Alter wandelt. Dieses Vorgehen wurde schon für das RBEG 2011 und das RBEG 2017 gewählt. Es wurde vom BVerfG in seinem Beschluss v. 23.7.2014 (1 BvL 10/12, 12/12, 1691/13) gebilligt und ist in § 2 RBEG festgeschrieben. Diese Sonderauswertungen zu den Familienhaushalten dienen ausschließlich der Ermittlung des regelbedarfsrelevanten Konsums von Kindern und Jugendlichen. Die dabei verwendete spezielle Methodik der Verteilungsschlüssel ist bei den Verbrauchsausgaben für Kinder in Familienhaushalte in der BT-Drs. 18/9984 beschrieben.

 

Rz. 75

Die §§ 3, 4 RBEG 2021 legen die Haushalte fest, die in die Abgrenzung der Referenzhaushalte in Referenzgruppen einbezogen bzw. gerade nicht einbezogen werden. Die Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII oder von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII bleiben ebenso wie Bezieher von Bürgergeld nach dem SGB II grundsätzlich unberücksichtigt. Ausgeschlossen werden auch Haushalte, in denen Leistungsberechtigte Leistungen nach dem AsylbLG bezogen haben. Sie können wie die anderen Haushalte nur dann in die Referenzgruppen für die Feststellung der Verbrauchsausgaben einfließen, wenn sie im Erhebungszeitraum zusätzliches Erwerbseinkommen bezogen haben (§ 3 Abs. 2 RBEG).

 

Rz. 76

Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass durch das BVerfG bereits in seinem Urteil vom 9.2.2010 darauf hingewiesen wurde, dass die Leistungen für bedürftige Haushalte nicht von den Verbrauchsausgaben dieser Haushalte selbst abgeleitet werden dürfen und die ansonsten eintretenden Zirkelschlüsse vermieden werden müssen (BVerfG, Urteil v. 9.2.2010, 1 BvL 1/09 u. a.). Eine Regelbedarfsermittlung auf der Grundlage von Sonderauswertungen mit Haushalten aus der Einkommensmitte hätte eine Anhebung des soziokulturellen Existenzminimums bis in den Bereich des Durchschnittseinkommens zur Folge (vgl. BT-Drs. 19/19431). Danach ist auch der Vorschlag nicht mit der Rechtsprechung des BVerfG zu vereinbaren, bei der Bestimmung der Höhe der Regelbedarfe von politischen Mindeststandards auszugehen.

 

Rz. 77

Daher hat der Gesetzgeber zur Regelbedarfsermittlung alle Haushalte, die nach den Angaben aus der EVS 2018 ausschließlich von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII leben, oder als Aufstocker eigenes Einkommen bis zur Höhe des nach diesen Gesetzen festzulegenden Bedarfs mit den Sozialleistungen ergänzen, aus der Grundgesamtheit der relevanten Haushalte ausgeschlossen (vgl. § 3 Abs. 1 RBEG 2021). Dies gilt jedoch nicht für diejenigen Haushalte mit Leistungsbezug nach dem SGB II oder dem SGB XII mit einem Gesamteinkommen oberhalb dieser Bedarfe, die aus zusätzlichem eigenen Einkommen resultieren (§ 3 Abs. 2 RBEG). Das trifft aufgrund der Regelungen über die in Abzug zu bringenden Absetzungsbeträge nach § 11 b SGB II und § 82 SGB XII auch auf Erwerbseinkommen für erwerbstätige Bezieher von Leistungen zu. Deshalb werden Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII nicht aus der Grundgesamtheit der Haushalte ausgeschlossen, wenn sie Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen. Das BVerfG hat dieses Vorgehen gebilligt (BVerfG, Beschluss v. 23.7.2014, 1 BvL 10/12 u. a.). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch Haushalte ausgeschlossen werden, die von Leistungen nach dem AsylbLG leben.

 

Rz. 78

Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass die Personen nicht statistisch ausgeschlossen werden können, bei denen wegen ihres niedrigen Einkommens ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII vermutet w...

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