Rz. 65

Abs. 2 enthält eine Sonderregelung zur Absetzung von Beiträgen zu öffentlichen oder privaten Versicherungen (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3), geförderten Altersvorsorgebeiträgen nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und notwendigen Ausgaben i. S. v. Abs. 1 Satz 1 Nr. 5. Die Sonderregelung definiert einen Freibetrag als pauschalierten Absetzbetrag, der nicht nur den Leistungsberechtigten zur Weiterführung seiner Tätigkeit motivieren soll, sondern auch einen pauschalierten Ausgleich von Aufwendungen darstellt (SG Trier, Urteil v. 31.1.2014, S 4 AS 89/13). Abs. 2 Satz 1 bestimmt einen Grundabsetzbetrag von 100,00 EUR monatlich (Grundfreibetrag oder Grundabsetzbetrag, in der Literatur wird auch "Erwerbseinkommen-Grundabzugsbetrag" favorisiert).

Diese Erwerbstätigenpauschale darf aber nicht von einer Steuererstattung in Abzug gebracht werden (BSG, Urteil v. 11.2.2015, B 4 AS 29/14 R). Dies ist Erwerbstätigkeiten vorbehalten.

Die Regelung wird immer wieder auch als Argument und Grenzwert für die Freistellung von erbettelten Beträgen herangezogen, alternativ zu § 11a Abs. 5 und § 1 Abs. 1 Nr. 1 Bürgergeld-V.

Das ist seit dem 1.8.2016 durch das 9. SGB II-ÄndG auch im Wortlaut des Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich klargestellt.

Abs. 2 Satz 2 enthält eine begrenzte Auffangvorschrift für höhere tatsächliche Ausgaben i. S. v. Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 5. Die Sonderregelung gilt nur für erwerbstätige erwerbsfähige Hilfebedürftige. Das SG Bremen ist jedoch der Auffassung, dass der Semesterbeitrag eine im Fälligkeitsmonat nach § 11b Abs. 1 Nr. 5 zu berücksichtigende Aufwendung darstellt, die den pauschalierten Grundfreibetrag nach Abs. 2 auf die konkrete Aufwendungshöhe erhöhen kann (SG Bremen, Urteil v. 13.12.2022, S 26 AS 320/20, vgl. Rz. 37a).

Dies ist durch das 9. SGB II-ÄndG seit dem 1.8.2016 auch im Wortlaut des Abs. 2 Satz 2 klargestellt.

Sie kann daher nur für die Dauer einer Erwerbstätigkeit und auf erwerbsfähige Personen i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 2, § 8 angewendet werden. Beginnt eine Erwerbstätigkeit nicht zu Monatsbeginn oder endet sie nicht zum Monatsende, kann gleichwohl der gesamte Grundabsetzbetrag für den betroffenen Monat berücksichtigt werden; insoweit gilt die Monatsbetrachtung. Abs. 2 Satz 1 ist aber abschließend dahin auszulegen, dass Absetzungen nur auf Erwerbseinkommen möglich sind. Bei mehreren Erwerbstätigkeiten kann die Regelung nur einmal angewendet werden. Der Verlust einer von mehreren Erwerbstätigkeiten hat auf die Anwendung der Sonderregelung keinen Einfluss; dabei ist unerheblich, ob die Erwerbstätigkeit mit dem höheren oder geringeren Verdienst beendet wird und ob dies zum Monatsende geschieht oder nicht. Ein Grundabsetzbetrag ist nicht von Fahrkostenerstattungen des Arbeitgebers abzusetzen, weil ein Aufwendungsersatz (§ 670 BGB) kein Einkommen i. S. d. § 11 Abs. 1 ist (SG Schwerin, Urteil v. 10.3.2015, S 15 AS 1947/13).

Kein Erwerbseinkommen sind mühelose Einkommen, etwa Kapitalerträge aus Kapitalvermögen, Sozialleistungen wie z. B. das Krankengeld. Als Erwerbseinkommen gelten aber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, das Kurzarbeitergeld und das Insolvenzgeld.

Der Grundabsetzbetrag ist als monatlicher Aufwand anzusehen, der vom gesamten Einkommen abzusetzen ist, das in dem Monat, für den der Aufwand zu berücksichtigen ist, zufließt (Bay. LSG, Urteil v. 27.3.2013, L 11 AS 810/11). Das gelte unabhängig davon, aus welchen Einkommensquellen der tatsächliche Zufluss stamme und unter welchen tatsächlichen oder rechtlichen Bedingungen dieser Einkommenszufluss zustande gekommen sei. Diese Auffassung hatte jedoch vor dem BSG keinen Bestand. Das BSG hat ausgeführt, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe der Bedarfe nach § 19 Abs. 1 und 2 erbracht werden, soweit diese nicht durch u. a. zu berücksichtigenden Einkommen gedeckt sind (§ 19 Abs. 3 Satz 1). Dabei sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen (§ 11 Abs. 2 Satz 1). Trotz Zuflusses erst am letzten Tag eines Monats für den laufenden Monat sind die Einnahmen dementsprechend zur Deckung des Lebensunterhaltes in dem laufenden Monat einzusetzen. Fließt einem Leistungsberechtigten mit nur einem Beschäftigungsverhältnis innerhalb eines Monats in mehreren Monaten erarbeitetes Arbeitsentgelt zu, so ist auch das weitere Einkommen um den Grundfreibetrag nach Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 für jeden dieser Monate gesondert zu bereinigen. Erhält der Leistungsberechtigte also den Lohn für Dezember Anfang Januar und den Lohn für Januar Ende Januar, ist das gesamte im Januar zufließende Einkommen beim Bedarf für Januar zu berücksichtigen, es sind aber auch 2 Grundfreibeträge nach Abs. 2 Satz 1 einzuräumen (BSG, Urteil v. 17.7.2014, B 14 AS 25/13 R, in Abgrenzung dazu vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 6.4.2021, L 13 AS 93/20). Fließt einem Leistungsberechtigten das in mehreren Monaten erarbeitete Arbeitsentgelt innerhalb desselben Monats zu, so ist das Einkommen um den Grundfreibetrag für jeden dieser Monate auch da...

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