Rz. 43

Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 stellt das Pflegegeld nach dem SGB VIII teilweise von der Berücksichtigung als Einkommen frei. Pflegegeld kommt bei Vollzeitpflege wie auch Tagespflege in Betracht (§§ 29, 33 SGB VIII und § 23 SGB VIII). Relevant ist der Teil, der tatsächlich als Anerkennungsbetrag für den erzieherischen Einsatz gewährt wird. Heftig umstritten ist die teilweise Berücksichtigung des Erziehungsbeitrages als Erwerbseinkommen nach dem SGB VIII seit Inkrafttreten des SGB II (vgl. BSG, Urteil v. 29.3.2007, B 7b AS 12/06 R; vgl. auch BSG, Urteil v. 1.7.2009 B 4 AS 9/09 R). Bei dem Erziehungsbeitrag handelt es sich um eine finanzielle Anerkennung für die erzieherischen Leistungen der Pflegeperson, der deshalb neben dem Pflegegeld sowohl bei Vollzeitpflege (Vollzeitkinderpflegegeld) als auch bei Tagespflege (Tageskinderpflegegeld) gezahlt wird. Während das Pflegegeld als Aufwendungsersatz anrechnungsfrei bleibt, wird der Erziehungsbeitrag als zweckbestimmtes Erwerbseinkommen qualifiziert. Dies wird mit der Gegenleistung zur Unterstützung der Pflegeeltern begründet. Nach anderer Auffassung wird der Erziehungsbeitrag als Einkommen des Pflegekindes gewertet. Sozialpolitische Brisanz liegt in der Befürchtung, die Bereitschaft zur Pflege könnte eingedämmt werden. Tatsächlich kann die Anrechnungsfrage erheblich eingeschränkt betrachtet werden. Zweifellos ist der Erziehungsbeitrag als Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, wenn die Pflege gewerbsmäßig betrieben wird, was zutreffend allgemein ab 5 Pflegekindern angenommen wird. Auf der anderen Seite wurde der Erziehungsbeitrag schon bisher faktisch nur berücksichtigt, wenn er für mehrere Pflegekinder gezahlt wird. In der politischen Diskussion wird darauf abgestellt, dass Anrechnungsfreiheit systemwidrig sei, weil Pflegetätigkeit teilweise über das Fürsorgesystem des SGB II finanziert würde und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe durch das SGB II subventioniert würden. Durch das SGB II-Fortentwicklungsgesetz ist für die Zeit ab dem 1.1.2007 klargestellt, dass lediglich der Anerkennungsbetrag für den erzieherischen Einsatz anzurechnen ist, jedoch für das 1. und 2. Pflegekind nicht und für das 3. Pflegekind zu 75 % (Abs. 3 Satz 2 Nr. 1). Kindergeld für Pflegekinder ist bei den Pflegeeltern zu berücksichtigen, weil es nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes des Kindes berücksichtigt wird; dieser wird bereits durch das Pflegegeld gesichert. Da ein Teil des Kindergeldes bereits auf das Pflegegeld angerechnet wurde, ist das Kindergeld nur noch in einem entsprechend geringeren Umfang als Einkommen zu berücksichtigen. Ist das Pflegekind das älteste in der Familie lebende Kind, für das Kindergeld bezogen wird, wird die Hälfte angerechnet und das Pflegegeld um diesen Betrag gekürzt (125,00 EUR). Erhalten die Pflegeeltern für das Pflegekind nicht das Erstkindergeld, erfolgt eine Anrechnung im Höhe von 25 % des Erstkindergeldes (62,50 EUR). Das BSG hat zu Recht den Durchschnitt aller Erziehungsbeiträge, die eine erwerbsfähige Leistungsberechtigte für ihre Pflegekinder erhalten hat, der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens zugrunde gelegt (BSG, Urteil v. 23.5.2012, B 14 AS 148/11 R für gestaffelte Erziehungsbeiträge). Der gesetzlichen Vorschrift ist eine notwendige Reihung und Rangfolgenbildung mit der Bestimmung eines ersten bis letzten Pflegekindes nicht zu entnehmen und steht nach Auffassung des BSG im Widerspruch zu dessen systematischer und teleologischer Auslegung sowie der Gesetzesbegründung. Durch Nummerierung der Pflegekinder wird lediglich die Anzahl der erhaltenen Erziehungsbeiträge bestimmt, dadurch wird keine Rangfolge aufgestellt. Die gesetzliche Vorschrift enthält nur eine Regelung über das Ausmaß der anzurechnenden Erziehungsbeiträge. Insofern besteht auch keine Unklarheit darüber, welches Datum bei einem zeitlichen Maßstab bestimmend wäre (Vertragsdatum Betreuungsbeginn usw.). Nach der Historie kam es für die gesetzliche Regelung darauf an, den Erziehungsbeitrag bei bis zu 2 Pflegekindern als nicht zu berücksichtigende zweckbestimmte Einnahme anzusehen und im Übrigen zu beachten, dass bei zweckbestimmten Einnahmen eine Gerechtfertigkeitsprüfung anzustellen war, ob eine Einnahme die Lage der leistungsberechtigten Person so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Zweck der Regelung ist es, aufgrund dieses Zusammenhangs bei bis zu 2 Kindern die Erziehungsbeiträge nicht als Einkommen zu berücksichtigen und bei einer größeren Anzahl von Kindern den gesamten Erziehungsbeitrag nur zu einem Teil zu berücksichtigen, weil dann die Grenze des nicht zu berücksichtigenden Einkommens auch im Hinblick auf die sog. Gerechtfertigkeitsprüfung überschritten ist. Diese Grenze kann jedoch nicht von Zufälligkeiten abhängen, sondern muss aufgrund des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs. 1 GG in vergleichbaren Situationen auch zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Dies wird nach Auffassung des BSG jedoch nur gewährleistet...

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