2.1 System der Winterbauförderung

 

Rz. 2

Die Vorschriften über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft sind im Vierten Kapitel bei den Leistungen an Arbeitnehmer angesiedelt. Die Regelungen gehen dem Grunde nach auf das Zweite Gesetz zur Änderung des AFG im Bereich des Baugewerbes v. 15.12.1995 zurück. Durch das Gesetz zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung im Baugewerbe sind die maßgeblichen Vorschriften des AFG für die Zeit vom 1.11.1997 bis 31.12.1997 und die entsprechenden Vorschriften des SGB III für die Zeit ab 1.1.1998 geändert worden. Das aktuelle Recht (im Wesentlichen ab 1.11.1999) beruht auf dem Gesetz zur Neuregelung der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft v. 23.11.1999 (BGBl. I S. 2230).

 

Rz. 3

Die Ausgestaltung der Vorschriften als Leistungen an Arbeitnehmer ist seither nicht mehr konsequent eingehalten; § 214a sieht eine Beitragserstattung an Arbeitgeber vor. Auch im Übrigen verwendet der Gesetzgeber in den Vorschriften den Begriff "Arbeitnehmer", obwohl sich das Förderungsangebot an Arbeiter des Baugewerbes richtet. Auf diesen Personenkreis stellen auch die Regelungen über die Finanzierung eines Teiles der Förderleistungen durch Umlage ab: Bemessungsgrundlage für die Umlage ist das Bruttoarbeitsentgelt der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis in der Schlechtwetterzeit nicht aus witterungsbedingten Gründen gekündigt werden kann (vgl. § 355).

 

Rz. 4

Nach der (ursprünglichen) systematischen Anlage der Regelungen brauchte der Arbeitgeber i.S. der Winterbauförderung nicht definiert zu werden; allein entscheidend für die Leistungen an Arbeitnehmer waren die den Baubetrieb und den Bauarbeitnehmer charakterisierenden Merkmale.

2.2 Ziele und Leistungen der Winterbauförderung

 

Rz. 5

Zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft sind folgende Leistungen vorgesehen:

  1. Wintergeld an Arbeitnehmer nach der Anzahl geleisteter Arbeitsstunden,
  2. Wintergeld an Arbeitnehmer zum teilweisen Ausgleich von Einkommensverlusten während der Zeit eines witterungsbedingten Arbeitsausfalles und zusätzlich zum Arbeitsentgelt für eingebrachtes Arbeitszeitguthaben, das die Zahlung von WAG-Vorausleistung oder WAG entbehrlich macht,
  3. Winterausfallgeld an Arbeitnehmer ab der 101. witterungsbedingten Ausfallstunde, ggf. bereits ab der 31. Ausfallstunde,
  4. Beitragszuschüsse für Beitragsleistungen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung an Arbeitgeber.
 

Rz. 6

Mit diesen Leistungen verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Bautätigkeit auch in der witterungsungünstigen Jahreszeit aufrechtzuerhalten und dadurch die Arbeitsverhältnisse der Bauarbeitnehmer im Winter zu stabilisieren.

 

Rz. 7

Ob das mit dem reformierten Förderungsnetz gelingen kann, ist fraglich. Mit der Streichung des Schlechtwettergeldes als Lohnersatzleistung für die Arbeitnehmer des Baugewerbes aus Beitragsmitteln hatte der Gesetzgeber die Aufwendungen im Ergebnis fast vollständig auf die betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgewälzt. Die Leistungen der Arbeitsförderung wurden insoweit auf außerordentliche Witterungsrisiken beschränkt, z.B. lang andauernde, strenge Winter, besondere Witterungsanfälligkeit oder ungünstige Lage einzelner Regionen (vgl. BT-Drs. 13/2742). Das daneben weiterhin vorgesehene Wintergeld wurde kostenneutral umgestaltet. Wintergeld und Winterausfallgeld-Vorausleistung mussten durch die Betriebe des Baugewerbes über die Winterbau-Umlage selbst finanziert werden. Erst nach 20 Ausfalltagen bzw. 150 Ausfallstunden mit Anspruch auf Winterausfallgeld-Vorausleistungen, die für das Bauhauptgewerbe in Form eines tariflichen Überbrückungsgeldes in Höhe von 75% des ausgefallenen Arbeitsentgeltes von den Tarifvertragsparteien vereinbart wurden, trat die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit beitragsfinanziertem Winterausfallgeld für weitere Ausfallstunden ein.

 

Rz. 8

Diese Lösung verkannte die betriebliche Wirklichkeit, insbesondere die Überforderung der kleineren Baubetriebe mit Arbeits- und Umlagekosten. Nicht anders war es beim Dachdeckerhandwerk, dem Gerüstbau sowie dem Garten- und Landschaftsbau, wo mit dem Bauhauptgewerbe vergleichbare Winterausfallgeld-Vorausleistungen durch die Tarifvertragsparteien vereinbart wurden. Im Winter 1996/1997 wurden mehrere Hunderttausend Arbeitnehmer aus der Bauwirtschaft entlassen. Dabei ging ein Konjunktureinbruch in der Bauindustrie mit den zusätzlichen Belastungen für die Bauarbeitgeber einher. Zumeist wurden kurzfristig rechtswidrige Kündigungen aus witterungsbedingten Gründen ausgesprochen. Tarifvertraglich vereinbarte Kündigungsverbote wurden missachtet; meistwurde den betroffenen Arbeitnehmern eine Wiedereinstellung im Frühjahr verbindlich oder unverbindlich zugesagt, um sie zur Hinnahme der Kündigung zu bewegen. Die BA hat schließlich ihre Verwaltungspraxis geändert und bei rechtswidrigen Kündigungen mit verbindlicher Wiedereinstellungszusage eine vorherige Absprache der nachfolgenden Arbeitgeberkündigung angenommen. Dadurch lagen regelmäßig die Merkmale eines Auflösungssachverhaltes i.S. der Sperrzeitregelungen vor; eine Spe...

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