Rz. 7

Die Vorschriften über die Trägerschaft (§§ 6, 6a) sind ursprünglich bereits am 1.1.2004 in Kraft getreten, jedoch durch das Kommunale Optionsgesetz nochmals erheblich verändert worden. In den Eckpunkten zum Gesetzgebungsverfahren war die Organleihe zur Aufgabenwahrnehmung durch die Kommunen vorgesehen, sie ist durch die Experimentierklausel ersetzt worden, die höchstens 69 Landkreisen und kreisfreien Städten erlaubte, als zugelassener alleiniger Träger nach dem SGB II zu fungieren (vgl. die Kommunalträger-Zulassungsverordnung v. 24.9.2004, BGBl. I S. 2349). Daraus wurden durch Kreisgebietsreformen 67 zugelassene kommunale Träger.

 

Rz. 8

Außerhalb des Gesetzes stand vorübergehend ein Ombudsrat ("Hartz-Feuerwehr"), der aufgrund aufgekommener Unruhen im Juli/August 2004 durch das damalige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) ins Leben gerufen wurde. Der Ombudsrat wurde mit angesehenen Persönlichkeiten besetzt und sollte Bürgerbeschwerden nachgehen. Die Wirkungslosigkeit dieser Maßnahme war absehbar, nachdem es bereits ein grundgesetzlich verbürgtes Petitionsrecht (Art. 17 GG) gibt, das einwandfrei funktioniert und den Gesetzgeber unabhängig von einzelnen, differenzierten politischen Meinungen in begründeten Fällen zur Korrektur durch Rechtsetzung auffordert.

Aufgewertet hat den Ombudsrat, dass seine Unterstützung der Forderung nach einer Anhebung der damals sog. Regelleistungen im Bundesgebiet Ost auf das Westniveau durch Aufnahme einer Empfehlung in seinen Zwischenbericht vom Gesetzgeber zum 1.7.2006 umgesetzt worden ist.

 

Rz. 9

Der Abschlussbericht des Ombudsrats aus 2006 steht im Kernbereich Feststellungen und Empfehlungen des Bundesrechnungshofs entgegen. Während der Ombudsrat vor allem mehr dezentrale Kompetenzen einforderte, was sich möglicherweise auch aus seiner Zusammensetzung erklären lässt, hat der Bundesrechnungshof eindringlich auf die Haushaltsrisiken für den Bund hingewiesen, die sich aus mangelnden Durchgriffsrechten zur Wahrung der rechtmäßigen Leistungsgewährung und der Mittelverwendung ergeben. Auch dem ist der Gesetzgeber bei der Weiterentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht konsequent gefolgt. Für die Leistungsgewährung hat sich dieser Widerspruch erledigt, nachdem die Jobcenter in gemeinsamen Einrichtungen ihre Fehlerquote in einer Gesamtschau nachhaltig auf 6-8 % gesenkt haben.

 

Rz. 10

Die Grundsätze des SGB II sind darauf ausgerichtet, finanzielle Transferleistungen unattraktiver zu machen. Gleichwohl stand in den politischen Beratungen immer wieder die Kostenträgerschaft im Zentrum der Diskussionen. Das komplizierte föderale Finanzsystem kennt keine direkten Geldströme zwischen Bund und Kommunen. Die staatlichen Aktivitäten müssen stets den Länderfinanzausgleich bemühen, durch den Gelder des Bundes an die Länder fließen, die diese an die Kommunen weiterleiten. Die Kommunen hatten erhebliche Bedenken, von den Ländern letztlich die vom Bund zugesagte Beteiligung an der Finanzierung nicht bzw. nicht vollständig zu erhalten. Sie verlangten eine entsprechende Rechtssicherheit, für die eine Änderung des Grundgesetzes erwogen wurde. Diese sollte den unmittelbaren Transfer von Geldern vom Bund an die Kommunen ermöglichen. Das hätte durch eine Änderung des Art. 106 realisiert werden können, gegen die aber der politische Widerstand letztlich zu groß war. Art. 106 Abs. 8 GG erlaubt Sonderzuteilungen an Kommunen, wenn der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden besondere Einrichtungen vorschreibt, die unmittelbar u. a. Mehrausgaben verursachen, die als Sonderbelastung den Ländern oder Gemeinden nicht zugemutet werden. Dann trägt der Bund die Sonderbelastung. Dafür bedurfte es der Aufnahme komplexer Regelungen in das SGB II selbst (vgl. dazu die Komm. zu § 46). Zur Jahreswende 2010/2011 zeigt sich, dass der dazu gefundene Anpassungsmechanismus der relevanten Parteien, um die Bundesbeteiligung jährlich fortzuschreiben, schnell wieder in Frage gestellt wurde. Zur Bundesbeteiligung für 2010 ist das Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat ohne Ergebnis abgebrochen worden; der Bundesrat hat zu dem Gesetz über die Bundesbeteiligung 2011 gefordert, zukünftig auf die Entwicklung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abzustellen, was allerdings nichts mehr mit der Entlastung der Kommunen um jährlich 2,5 Mrd. EUR gemeinsam hätte. Die Bundesbeteiligung für 2010 und 2011 konnte zwischenzeitlich gesetzlich geregelt werden (6. und 7. SGB II-ÄndG). Zu den damit einhergehenden veränderten gesetzlichen Bestimmungen und die weiteren Neuregelungen durch das sog. Regelbedarfsermittlungsgesetz für die Zeit ab 2012 vgl. die Komm. zu § 46. Die Bundesbeteiligung ist als Folge der Einführung von Leistungen für Bildung und Teilhabe (§ 28 ff.) und flüchtlingsbedingte Sonderleistungen des Bundes deutlich gestiegen.

 

Rz. 11

Die für den betroffenen Bürger an sich irrelevanten Finanzierungsdiskussionen waren ursächlich dafür, dass die Regelunge...

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