Rz. 1

Das Erste Kapitel enthält die grundsätzlichen Regelungen und Programmsätze für die Leistungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und die Trägerschaft. Dazu gehört zunächst, dass in § 1 ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wird, dass die Grundsicherungsleistungen es den Leistungsberechtigten ermöglichen sollen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Richtigerweise wird eingeräumt, dass dies in atypischen Fällen auch misslingen kann. Die Sicherung des Existenzminimums wird in die zentralen Botschaften des Ersten Kapitels eingebettet. Es ist mit "Fördern und Fordern" überschrieben. Der Grundsatz des Forderns ist in § 2 näher erläutert, der des Förderns allerdings erst im Dritten Kapitel (Grundsatz des Förderns, § 14). Das Kapitel beschreibt die Grundsicherung für Arbeitsuchende, ohne diese selbst zu definieren. Wichtigster Leistungsgrundsatz ist die unverzügliche Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit an alle Leistungsberechtigten mit einem Vorrang der Vermittlung in eine (berufliche) Ausbildung bei fehlendem Berufsabschluss.

 

Rz. 2

Unter Grundsicherung i. S. d. SGB II ist eine Basisabsicherung für alle Personen zu verstehen, die objektiv noch einer Erwerbstätigkeit nachgehen können, weil sie nicht voll erwerbsgemindert sind. Die Grundsicherung schließt daneben die Personen ein, mit denen diese erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, dieser Personenkreis wird erst in Kapitel 2 definiert (vgl. dazu § 7).

 

Rz. 3

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende geht davon aus, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte zunächst selbst für die Sicherung ihres Lebensunterhalts und desjenigen ihrer Angehörigen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, verantwortlich sind. Von ihnen wird erwartet, dass sie alle Möglichkeiten zur Verringerung bzw. Beseitigung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen, bevor sie die Hilfe der Allgemeinheit in Anspruch nehmen. Sind die eigenen Möglichkeiten (erfolglos) ausgeschöpft, erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige umfassende staatliche Fürsorge i. S. der Sicherung ihres soziokulturellen Existenzminimums und Hilfe zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Oberstes Ziel ist die Eingliederung in Erwerbstätigkeit. Dadurch soll der Weg zurück in eine fürsorgefreie Existenzsicherung ermöglicht werden. Dabei wird zwar existenzsichernde Erwerbstätigkeit angestrebt, die aus Steuermitteln finanzierte Grundsicherung profitiert jedoch von jedem Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das auf die Grundsicherungsleistungen anzurechnen ist. Förderungen zur Erlangung einer Erwerbstätigkeit müssen allerdings den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Das bedeutet konkret, dass Förderungen ausgeschlossen sind, wenn sie zur beruflichen Eingliederung nicht erforderlich sind oder zu dieser nicht entscheidend beitragen. Es genügt nicht, dass eine Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit in diesem Sinne zweckmäßig ist. Einer Förderung steht außerdem ein Missverhältnis zwischen Aufwand (Kosten) und Nutzen (Einkommen) entgegen. In der Gesetzesbegründung wird dazu als Beispiel der finanzielle Aufwand zur Betreuung mehrerer minderjähriger oder behinderter Kinder genannt, damit der Erwerbsfähige zur Erzielung eines geringen Einkommens befähigt wird. In der Praxis der Umsetzung des SGB II wird beklagt, dass der soziale Auftrag des SGB II, auch Berechtigte mit multiplen, nachhaltigen Eingliederungshindernissen einer Eingliederung in Erwerbstätigkeit zuzuführen, angesichts der Aussichtslosigkeit oftmals nicht realisierbar ist und in großem Umfang Ressourcen bindet, deren Einsatz keinen Ertrag einbringt. Die Wirkungen des Einsatzes von Zielvereinbarungen und des Controllings als moderne Instrumente einer Führung von Personal oder Organisationen werden dabei transparent. Ergebnis dieser Überlegungen ist häufig der sog. soziale Arbeitsmarkt für öffentlich geförderte Beschäftigungen, der aber im Ergebnis auch hoch finanzwirksam für den Bund ist, selbst wenn eingesparte Fürsorgeleistungen gegengerechnet werden. Realisiert werden aber Programme zur Bekämpfung und zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit mit finanzieller Unterstützung aus dem Europäischen Sozialfonds und im Rahmen des Flüchtlingsintegrationsprogrammes nach dem Integrationsgesetz mit bis zu 100.000 zusätzliche Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive während des Asylverfahrens.

 

Rz. 3a

In Kapitel 1 finden sich keine Hinweise auf das sog. Lohnabstandsgebot, das den Grundsatz verkörpert, dass derjenige, der eine Erwerbstätigkeit ausübt, mehr für den Lebensunterhalt zur Verfügung haben soll als derjenige, der nicht arbeitet, ohne dass hierbei nach dem Grund differenziert würde. Allerdings sind Mindestlohnregelungen zu beachten, sonst kann eine Beschäftigung für den Leistungsberechtigten unzumutbar werden und damit jedenfalls aus wichtigem Grund abgelehnt werden. Bei den Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen in Kapitel 2 finden sich allerdings Regelungen,...

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