Rz. 44

Abs. 4 ist zum 1.4.2021 neu gefasst worden und bestimmt seitdem, dass die abschließende Entscheidung nach Abs. 3 nach Ablauf des Bewilligungszeitraums erfolgen soll. Hintergrund dieser Neuregelung war, dass § 67 Abs. 4 Satz 2, nach der eine abschließende Berechnung der Leistungsansprüche nur auf Antrag des Leistungsberechtigten erfolgte, nur für Bewilligungszeiträume, die bis zum 31.3.2021 begonnen hatte, vorgesehen war. Für Bewilligungszeiträume, die ab 1.4.2021 beginnen und bei denen vorläufig über die Leistungsansprüche entschieden wird, ist demnach wieder eine abschließende Entscheidung zu treffen. Dies macht es erforderlich, die abschließenden Entscheidungen zu vereinfachen. Ohne eine Änderung von Abs. 4 hätten die Jobcenter für Bewilligungszeiträume, die ab 1.4.2021 beginnen, wieder zu einer sehr aufwendigen Entscheidungspraxis, u. a. zur Berücksichtigung eines Durchschnittseinkommens, zurückkehren müssen (BT-Drs. 19/26542 S. 17).

 

Rz. 45

Ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungsbescheids keine abschließende Entscheidung nach Abs. 3, gelten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt. Die vorläufige Entscheidung gilt ab diesem Zeitpunkt kraft Gesetzes als ersetzt und damit abschließend festgesetzt. Einer bestimmten Erklärung oder eines bestimmten Verhaltens des Grundsicherungsträgers bedarf es nicht (Kallert, in: Gagel, SGB II, § 41a Rz. 96). Die Fiktionswirkung tritt nur ein, wenn der Grundsicherungsträger bis zu dem jeweils maßgebenden Zeitpunkt einen abschließenden Leistungsbescheid tatsächlich nicht erlassen hat, also jede Regelung zur endgültigen Leistungsbestimmung unterlassen hat (BSG, Urteil v. 12.9.2018, B 4 AS 39/17 R, unter Hinweis auf Loose, in: GK-SGB II, § 41a Rz. 114). Unklar ist, ob der Grundsicherungsträger in seiner vorläufigen Leistungsbewilligung auf die Fiktion nach Abs. 5 hinweisen muss (verneinend: Kallert, a.a.O., unter Hinweis auf den Wortlaut von Abs. 5). Vorläufig bewlligte Leistungen gelten unter den Voraussetzungen des Abs. 5 Satz 1 auch dann als abschließend festgesetzt, wenn der Adressat die vorläufige Entscheidung angefochten hat und deswegen keine Bestandskraft eingetreten ist (BSG, Urteil v. 18.5.2022, B 7/14 AS 1/21 R).

 

Rz. 46

Als Entscheidung nach Abs. 3 ist auch eine solche zu verstehen, die auf Antrag des Leistungsberechtigten erfolgt (BR-Drs. 66/16 S. 58). Die Fiktion einer abschließenden Entscheidung gilt deshalb nicht, wenn die leistungsberechtigte Person innerhalb der Jahresfrist die abschließende Entscheidung beantragt hat (BR-Drs. 66/16 S. 58). Für alle vor dem 1.8.2016 beendeten Bewilligungszeiträume gilt demnach, dass die Jahresfrist nach Abs. 5 Satz 1 ("ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung nach Absatz 3, gelten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt.") für sie nach dem 1.8.2016 beginnt (BSG, Urteil v. 12.9.2018, B 4 AS 39/17 R).

 

Rz. 47

Die Jahresfrist nach Satz 1 orientiert sich an § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X, weil der Grundsicherungsträger bereits zum Zeitpunkt der vorläufigen Entscheidung Kenntnis davon hat, dass die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht vollständig aufgeklärt sind (BR-Drs. 66/16 S. 58). Die Jahresfrist gilt auch gegenüber der leistungsberechtigten Person. Diese kann nach Fristende einerseits keine Nachzahlung mehr geltend machen, kann andererseits aber nach Ablauf der Frist auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertrauen. Für die Fristenberechnung gilt § 40 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 187 ff. BGB. Die Jahresfrist endet demnach mit dem Tag, der dem letzten Tag des Bewilligungszeitraums entspricht, § 188 Abs. 1 BGB.

 

Rz. 48

In Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 und 2 sind die Fälle genannt, in denen die vorläufig bewilligten Leistungen nicht als abschließend festgestellt nach Abs. 5 Satz 1 gelten. Die beiden in Nr. 1 und 2 genannten Fallkonstellationen sind wegen des Fehlens des Wortes "insbesondere" abschließend.

 

Rz. 49

Nach Satz 2 Nr. 1 greift die abschließende Feststellung der vorläufigen Leistungen nicht, wenn die leistungsberechtigte Person innerhalb der Frist nach Satz 1 eine abschließende Entscheidung beantragt hat. In diesen Fällen besteht ein Anspruch auf eine abschließende Entscheidung. Die Fiktionswirkung nach Abs. 5 Satz 1 tritt bei einem entsprechenden Antrag des Leistungsberechtigten nicht ein, unabhängig davon, wann die abschließende Entscheidung tatsächlich ergeht (Kallert, in: Gagel, SGB II, § 41a Rz. 102). Voraussetzung nach Nr. 1 ist, dass die leistungsberechtigte Person innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums einen Antrag auf eine abschließende Entscheidung stellt. Das Gesetz sieht keine Form für einen Antrag nach Nr. 1 vor. Der Antrag kann deshalb auch mündlich, fernmündlich, per Telefax oder per E-Mail gestellt werden. Voraussetzung für einen wirksamen Antrag ist, dass eindeutig der Wille des Leistungsberechtigten hervorgeht, eine abschließende Entscheidung beantragen zu wollen....

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