0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (9. SGB II-ÄndG) v. 26.7.2016 (BGBl. I S. 1824) mit Wirkung zum 1.8.2016 in das SGB II eingefügt.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift betrifft die Erstattungspflicht des Leistungsberechtigten in Bezug auf die Leistung eines vorrangigen Trägers an den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, im Ergebnis also an das Jobcenter einer gemeinsamen Einrichtung oder eines zugelassenen kommunalen Trägers (§§ 44b, 6a). Diese Verpflichtung besteht, wenn der vorrangig Leistungsverpflichtete in Unkenntnis der Leistungsgewährung nach dem SGB II an den Leistungsberechtigten geleistet hat. Die Gesetzesbegründung weist darauf hin, dass insoweit ein Gleichklang mit § 105 Abs. 1 SGB XII geschaffen wird, der ebenfalls einen Kostenersatz bei Doppelleistungen vorsieht.

Ein Erstattungsanspruch des Jobcenters gegenüber dem vorrangig verpflichteten Leistungsträger besteht nicht, wenn der Leistungsberechtigte durch Verschweigen der Antragstellung eine Anmeldung eines Erstattungsanspruches vereitelt hat und der vorrangig verpflichtete Leistungsträger deshalb mit befreiender Wirkung geleistet hat.

Eine Anrechnung der Leistungen als einmalige Einnahme bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende setzt weiterhin bestehenden Leistungsbezug voraus. Ist dieser nicht mehr gegeben, liegt eine Doppelleistung vor (Abs. 1 Satz 1). Der Erstattungsanspruch des Jobcenters umfasst der Höhe nach genau denjenigen gegenüber dem vorrangig verpflichteten Leistungsträger (Abs. 1 Satz 2).

 

Rz. 2a

Abs. 2 bestimmt den Vorrang der Berücksichtigung der Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers als Einkommen des Leistungsberechtigten vor einem Erstattungsanspruch nach Abs. 1.

 

Rz. 2b

Abs. 3 bestimmt eine Verjährungsfrist von 4 Jahren nach Ablauf des Jahres der Leistungserbringung durch den vorrangig verpflichteten Leistungsträger.

2 Rechtspraxis

2.1 Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs

 

Rz. 3

§ 34b betrifft den Fall eines Leistungsanspruches des Leistungsberechtigten gegen einen vorrangig verpflichteten Leistungsträger für einen Zeitraum, für den der Leistungsberechtigte auch Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II bezogen hat. Grundsätzlich hat das Jobcenter gegenüber diesem Leistungsträger nach Maßgabe des § 40a SGB II i. V. m. § 104 SGB X einen Erstattungsanspruch. Besteht kein Erstattungsanspruch gegen den vorrangig verpflichteten Leistungsträger, etwa, weil dieser mit befreiender Wirkung an den Leistungsberechtigten geleistet hat, hat das Jobcenter zu prüfen, ob es die dem Leistungsberechtigten zugeflossenen Beträge nach § 11 Abs. 3 als Einkommen berücksichtigen kann. Das setzt im Regelfall voraus, dass die Entscheidung über die Bewilligung von Bürgergeld nach den §§ 45, 48 SGB X aufgehoben werden kann und die insoweit überzahlten Leistungen nach 50 SGB X vom Leistungsberechtigten zu erstatten sind. In der Praxis wird der Zufluss der Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers beim Leistungsberechtigten erst nachträglich beim Jobcenter bekannt werden, denn ansonsten wäre die Berücksichtigung unter Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zukunft bereits zuvor verfügt worden.

 

Rz. 4

Die Berücksichtigung als Einkommen wird durch Anrechnung als einmalige Einnahme (ab 1.7.2023) nach § 11 Abs. 2 und 3 durchzuführen sein (vgl. Abs. 2). Dem steht nicht entgegen, dass der Zufluss der Leistung beim Leistungsberechtigten erst nachträglich bekannt wird. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob der Leistungsbezug nach dem SGB II noch andauert oder bereits beendet ist. Entscheidend ist allein die korrekte Berücksichtigung der Einnahme nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 und 3.

 

Rz. 5

Erst wenn weder ein Erstattungsanspruch nach § 40a i. V. m. § 104 SGB X besteht noch eine Berücksichtigung der Einnahme als Einkommen möglich ist, weil die Entscheidung über die Leistungsbewilligung nicht aufgehoben werden kann, ist überhaupt der Anwendungsbereich des § 34b eröffnet. Bei einer solchen Fallkonstellation ist es nämlich dabei geblieben, dass der Leistungsberechtigte sowohl Leistungen vom Jobcenter als auch vom vorrangig verpflichteten Leistungsträger erhalten hat, im Ergebnis also eine Doppelleistungen vorliegt.

 

Rz. 6

Vor diesem Hintergrund deckt § 34b ein bislang nicht gelöstes Rechtsproblem und schließt damit eine Regelungslücke. § 34b wird aber nicht als Spezialvorschrift für das SGB II anzusehen sein, denn sie ist erst nachrangig gegenüber 2 anderen rechtlichen Lösungen anwendbar, auf sie kann nicht unmittelbar zugegriffen werden, ohne die beiden anderen Alternativen zuvor auszuschließen. Jedoch enthält § 34b einen eigenständigen Erstattungsanspruch gegenüber dem betroffenen Leistungsberechtigten nach dem SGB II.

 

Rz. 7

§ 34b ist am 1.8.2016 in Kraft getreten. Das 9. SGB II-ÄndG enthält zu der neu in das SGB II eingefügten Vorschrift keine Übergangsregelung. Daher kommt ein Erstattungsanspruch des Jobcenters nicht für Leistungszeiträume eines vorrangig ver...

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