Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Nachzahlung von Ausbildungsförderungsleistungen. Berücksichtigung im tatsächlichen Zuflussmonat. keine Abweichung nach der modifizierten Zuflusstheorie. keine Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BSG zum Kinderzuschlag auf die Ausbildungsförderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Leistungen nach dem BAföG stellen Einnahmen gemäß § 11 Abs 1 S 1 SGB II dar. Insoweit besteht keine Ausnahme von der Einkommensberücksichtigung nach § 11a Abs 1 Nr 1 SGB II.

2. Eine Nachzahlung von BAföG ist gemäß § 11 Abs 2 S 1 SGB II (in der Fassung vom 13.5.2011) für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließt. Eine abweichende normative Vorgabe besteht entsprechend der sog modifizierten Zuflusstheorie nicht.

3. Die Rechtsprechung des BSG zum Zeitpunkt der Anrechnung des Kinderzuschlages (vgl Urteil vom 25.10.2017 - B 14 AS 35/16 R = BSGE 124, 243 = SozR 4-4200 § 11 Nr 82, in juris, Rn 26 ff) lässt sich auf das BAföG nicht übertragen.

 

Normenkette

SGB II § 7 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-4, Abs. 2, 3 Nr. 4, Abs. 5-6, §§ 7a, 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 11a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Sätze 1, 2 Nr. 3, § 19 Abs. 1, § 22 Abs. 3, §§ 27, 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 3; SGB III § 330 Abs. 3 S. 1; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nrn. 1, 3, § 50 Abs. 1 S. 1; BAföG §§ 9-10, 13a, 14b Abs. 1 S. 1, §§ 15-16; BKGG § 6a; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1; SGG § 87 Abs. 2, §§ 90, 92 Abs. 1 S. 1, §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. Januar 2019 insoweit abgeändert, als der Tenor unter Ziffer I. wie folgt ergänzt wird: Der Beklagte wird verpflichtet, unter insoweitiger Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 13. August 2015, der Klägerin weitere 40,33 € für die Zeit vom 1. Oktober 2015 bis 31. Oktober 2015 zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für beide Rechtszüge in Höhe von einem Viertel zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ohne Anrechnung einer Zahlung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) im Oktober 2015.

Die Klägerin wurde im Jahr 1992 geboren. Seit dem Jahr 2011 bezog sie zusammen mit ihrem 2013 geborenen Sohn, dem Kläger, vom Beklagten laufende Leistungen nach dem SGB II. Ab dem 1. September 2014 besuchte die Klägerin zur Nachholung des Realschulabschlusses die Abendoberschule D….. Im Hinblick auf ihren Besuch der 10. Klasse im Schuljahr 2015/2016 an der Abendoberschule beantragte die Klägerin im August 2015, auf eine entsprechende Aufforderung des Beklagten hin, für den Zeitraum von August 2015 bis Juni 2016 Ausbildungsförderung nach dem BAföG.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 23. Juli 2015 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 13. August 2015 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. September 2015 bis 31. Januar 2016 an die Klägerin in Höhe des Mehrbedarfes für Alleinerziehende von 143,64 € monatlich und an den Kläger Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 156,00 € monatlich (September bis Dezember 2015) bzw. 155,00 € (Januar 2016). Der Beklagte berücksichtigte hierbei tatsächliche Kosten der Unterkunft und Heizung für die Mietwohnung der Kläger in Höhe von 500,00 € monatlich und dass die Klägerin Betreuungsgeld in Höhe von 150,00 € monatlich und für den Kläger Kindergeld in Höhe von 184,00 € monatlich sowie Unterhaltsvorschuss in Höhe von 144,00 € monatlich erhielt. Ab dem 1. Oktober 2015 erhöhten sich die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Mietwohnung der Kläger auf 518,00 € monatlich. Zudem hatten sie im Oktober 2015 eine Betriebskostennachzahlung in Höhe von 264,66 € zu leisten.

Am 25. September 2015 brach die Klägerin den Schulbesuch aus gesundheitlichen Gründen ab. Am 29. Oktober 2015 gingen auf dem Girokonto der Klägerin Leistungen nach dem BAföG in Höhe von insgesamt 2.916,00 € ein. Ein entsprechender Leistungsbescheid war der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gegeben worden. Mit Schreiben vom 11. November 2015 wurde die Klägerin von der Landeshauptstadt D…. - Amt für Ausbildungsförderung darüber informiert, dass Leistungen nach dem BAföG in Höhe von 729,00 € monatlich für August 2015 voll gewährt, den Monat September 2015 anteilig sowie die Monate Oktober und November 2015 wegen der Beendigung des Schulunterrichts voll zurückgefordert werden würden. Schließlich bewilligte die Landeshauptstadt D…. - Amt für Ausbildungsförderung der Klägerin mit Bescheid vom 30. November 2015 Leistungen nach dem BAföG in Höhe von jeweils 729,00 € für die Monate August und September 2015 und forderte zugleich wegen Ausbildungsabbruchs die Erstattung der für die Monate Oktober und November 2015 bereits ausgezahlten Leistungen in Höhe von jeweil...

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