Entscheidungsstichwort (Thema)

Kurzarbeitergeldanspruch. persönliche Voraussetzung. Arbeitsunfähigkeit. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Kuraufenthalt. keine Gleichstellung bei Bestehen einer Arbeitsverhinderung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Begriffe Arbeitsunfähigkeit in § 172 Abs 1a SGB 3 (in der vom 1.4.2006 bis 31.3.2012 geltenden Fassung) und Arbeitsverhinderung in § 9 Abs 1 S 1 EntgFG bezeichnen unterschiedliche Lebenssachverhalte und sind nicht austauschbar.

2. Die persönlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf (Saison)Kurzarbeitergeld sind nicht erfüllt, wenn sich der Arbeitnehmer zwar in Kur befindet, jedoch nicht arbeitsunfähig ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.12.2013; Aktenzeichen B 11 AL 11/12 R)

 

Tenor

I. Auf Die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 23. Oktober 2008 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger erstrebt die Verpflichtung der Beklagten, Saisonkurzarbeitergeld im Zeitraum vom 12. Februar 2008 bis 29. Februar 2008 für den in Kur befindlichen Arbeitnehmer J… D… zu bewilligen.

Der Kläger beantragte am 13. März 2008 die Bewilligung von Saisonkurzarbeitergeld sowie ergänzender Leistungen für seine Arbeitnehmer.

Mit Bescheid vom 13. März 2008 bewilligte die Beklagte Saisonkurzarbeitergeld, nahm dabei aber den Arbeitnehmer D… für den streitgegenständlichen Zeitraum aus, da dieser sich in einer nicht aus der Arbeitsunfähigkeit heraus angetretenen Kur befunden habe.

Den dagegen geführten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2008 zurück. Gemäß § 169 des Sozialgerichtsgesetzes Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) hätten Arbeitnehmer Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliege, die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt seien und der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden sei. Arbeitnehmer in Betrieben nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 SGB III hätten in der Schlechtwetterzeit Anspruch auf Kurzarbeitergeld in Form des Saisonkurzarbeitergeldes. Nach § 172 Abs. la SGB III seien die persönlichen Voraussetzungen auch erfüllt, wenn der Arbeitnehmer während des Bezugs von Kurzarbeitergeld arbeitsunfähig werde, solange Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle bestehe oder ohne den Arbeitsausfall bestehen würde. Der Arbeitnehmer D… sei ab 12. Februar 2008 zur Kur gewesen. Die Teilnahme an medizinischen Vorsorge- und Reha-Maßnahmen begründe zwar unabhängig davon, ob eine arbeitsunfähige Erkrankung vorliege, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Jedoch sei unabdingbare Voraussetzung für die Leistungsfortzahlung des Kurzarbeitergeldes, dass Arbeitsunfähigkeit tatsächlich festgestellt worden sei. Werde das Kurzarbeitergeld für die Dauer einer Kur im Rahmen der Leistungsfortzahlung beantragt, so sei die Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachzuweisen. Die Kur des Arbeitnehmers D… sei jedoch nicht aus einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit heraus angetreten worden. Daher sei der Anspruch für die Dauer der Kur nicht gegeben.

Auf die Klage vom 22. August 2008 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 23. Oktober 2008 sinngemäß die Beklagte verpflichtet, dem Kläger auch die für den Arbeitnehmer D… beantragten Leistungen im Streitzeitraum zu bewilligen. Die dem Arbeitnehmer vom Rentenversicherungsträger bewilligte Kur stehe einer ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit gleich. Sinn und Zweck des Saisonkurzarbeitergeldes sei es, den Arbeitgeber auch im Rahmen einer Krankheit von Leistungen freizustellen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen des Saisonkurzarbeitergeldes sei dies bei einer genehmigten Kur nicht anders zu beurteilen. Insbesondere werde eine Kurmaßnahme dann genehmigt, wenn die gesundheitlichen Voraussetzungen dafür vorlägen. Das bedeute, dass eine Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit vorliegen müsse, die - wenn eine Kurmaßnahme nicht erfolge - in eine mögliche Arbeitsunfähigkeit münden könne. Um dem vorzubeugen, werde die Kurmaßnahme bewilligt. Dies spreche dafür, die Kur einer bescheinigten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers gleichzustellen. Wesentliches Argument sei jedoch, dass selbst das Entgeltfortzahlungsgesetz den Arbeitgeber nicht nur im Falle ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit verpflichte, Arbeitsentgelt weiter zuzahlen, sondern auch, wenn der Arbeitnehmer sich in Kur befinde. Daraus sei eine Gleichstellung der Arbeitsunfähigkeit mit der Kur herzuleiten. Da somit die Kur nach Sinn und Zweck der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen sei, sei Saisonkurzarbeitergeld, dessen Voraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben seien, für den Arbeitnehmer D… zu zahlen.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten vom 9. Dezember 2008 hat der Senat mit Beschluss vom 4. Dezember 2009 die Berufung zugelassen.

Die B...

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