Leitsatz (amtlich)

1. Die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu inländischem Recht stellt eine unrichtige Sachbehandlung dar, die zur Nichterhebung von Kosten führt, wenn und soweit dadurch Mehrkosten verursacht wurden.

2. Die Grundlagen für die Prüffähigkeit einer Rechnung nach § 14 Nr. 1 VOB/B sind einem gerichtlichen Sachverständigenbeweis zugänglich, wenn im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechnung der Auftraggeber und dessen Hilfspersonen besondere Kenntnisse und Fähigkeiten haben, die dem Gericht fehlen (Abgrenzug zu OLG Stuttgart BauR 1999, 514).

3. Die Hinzuziehung eines Mitarbeiters des Sachverständigen zur mündlichen Sachverständigenanhörung vor dem Gericht ist in der Regel nicht notwendig im Sinn des § 8 Abs. 1 Nr. 1 ZSEG/§ 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG, weil der Sachverständige das Gutachten aus eigener Sachkenntnis zu erstatten hat und der Mitarbeiter zur Erläuterung des Gutachtens nicht befugt ist.

 

Normenkette

GKG § 8 a.F., § 21 n.F.; ZSEG § 8 Abs. 1 Nr. 1; JVEG § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; VOB/B § 14 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Beschluss vom 26.01.2005; Aktenzeichen 2 O 211/03)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Ravensburg vom 26.1.2005 dahin abgeändert, dass der Beklagten aus der Staatskasse ein Betrag von 314,94 EUR zu erstatten ist.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Beschwerdewert: 2.250 EUR (50 % aus 4.500 EUR)

 

Gründe

I. Die Klägerin und die Beklagte, eine Bauträgerin, schlossen am 10.6.2002 einen Bauvertrag, in dem die VOB/B einbezogen wurde. Nach Erteilung einer Schlussrechnung machte die Klägerin einen Teilbetrag ihrer Vergütung aus diesem Bauvertrag und Zusatzaufträgen geltend. Die Beklagte wendete die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung und Mängel der Werkleistung der Beklagten ein. Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 15.9.2003 wurde ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Angemessenheit der Höhe der Schlussrechnung, zu Mängeln und zur Frage, ob "die Schlussrechnung der Klägerin vom 1.10.2002 mit dem dazu vorgelegten Aufmaß aus sachverständiger Sicht, insb. unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, prüffähig" ist, eingeholt. Für mehrere Ortstermine, die Erstellung eines Gutachtens, eines Ergänzungsgutachtens und einer weiteren schriftlichen Stellungnahme sowie die Teilnahme an einer Sitzung des LG Ravensburg wurden für den Sachverständigen und einen von ihm hinzugezogenen Mitarbeiter insgesamt 5.643,17 EUR ausgezahlt. Aufgrund der Kostenregelung im Prozessvergleich vom 15.11.2004 hat die Beklagte hiervon die Hälfte zu tragen.

Die Beklagte beantragt nunmehr Niederschlagung der Sachverständigenkosten i.H.v. rund 4.500 EUR, weil die Prüfbarkeit der Rechnung eine Rechtsfrage sei, über die ein Sachverständigenbeweis nicht eingeholt werden dürfe, der Sachverständige für den Ortstermin und die Verhandlung keine Hilfskraft hätte hinzuziehen dürfen, eine Pauschale von insgesamt 40 EUR für Telefon, Porto und Versand nicht erstattungsfähig sei, die Durchführung von zwei Ortsterminen unnötig gewesen sei, der Sachverständige teilweise eine auftragslose Tätigkeit abgerechnet habe, ihm die Beantwortung der in ihrem Schriftsatz vom 2.11.2004 enthaltenen Fragen nicht aufgegeben worden sei und im Übrigen die Stellungnahme des Sachverständigen vom 4.11.2004 die Beantwortung von Rechtsfragen beinhalte, für die er keine Vergütung verlangen dürfe.

Mit Beschl. v. 26.1.2005 hat die 2. Zivilkammer des LG Ravensburg den Antrag auf teilweise Niederschlagung der Gerichtskosten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der sie ihr Begehren auf teilweise Niederschlagung der Gerichtskosten weiter verfolgt.

Der Bezirksrevisor des LG Ravensburg ist der Beschwerde entgegen getreten.

II. Die Beschwerde der Beklagten ist gem. §§ 21 Abs. 2, 66 Abs. 2 GKG n.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG n.F. zulässig und in der Sache teilweise begründet.

Während nach § 72 Ziff. 1 2. Hs. GKG n.F. auf die Beschwerde neues Recht anzuwenden ist und diese nach § 66 Abs. 2 GKG n.F. zulässig ist, ist auf den Antrag auf Kostenniederschlagung laut § 72 Ziff. 1 1. Hs. GKG n.F. § 8 GKG a.F. anzuwenden.

1. Nach gefestigter Senatsrechtsprechung (OLG Stuttgart Die Justiz 1996, 137) und allgemeiner Ansicht (BGH, Beschl. v. 27.1.1994 - V ZR 7/92, MDR 1993, 979; OLG München v. 10.3.2003 - 11 W 891/03, NJW-RR 2003, 1294; v. 24.8.1998 - 11 WF 998/98, OLGReport München 1999, 99 = MDR 1998, 1437 = NJW-RR 1998, 1695; OLG Koblenz v. 15.10.2001 - 11 WF 624/01, OLGReport Koblenz 2002, 185 = FamRZ 2002, 1644; OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 45; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG a.F., § 8 GKG Rz. 10; Meyer GKG n.F., 6. Aufl., § 21 Rz. 2, 5) kommt eine Niederschlagung wegen unrichtiger Sachbehandlung nur wegen eines offensichtlichen schweren Verfahrensfehlers oder einer offensichtlichen, eindeutigen Verkennung des materiellen Rechts in Betr...

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