unanfechtbar

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Familienrecht. Mitwirkung des Jugendamtes im Sorgerechtsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Bericht des Jugendamtes ist nur dann verwertbar, wenn sich das Jugendamt einen eigenen Eindruck von den örtlichen Verhältnisse sowie das häusliche Umfeld des Kindes bzw. der Personen, denen die elterliche Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werden soll, verschafft hat.

2. Ist dies erkennbar nicht geschehen, so verletzt das Familiengericht seine Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts, wenn es sich in seiner Entscheidung auf diesen Jugendamtsbericht stützt.

 

Normenkette

FGG §§ 12, 49a

 

Verfahrensgang

AG Köln (Aktenzeichen 316 F 86/00)

 

Tenor

1. Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. R. in K. ratenfreie Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.

2. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Köln vom 25. Juli 2000 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht – Köln zurückverwiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

Die gem. §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621 e ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.

Dabei kann dahinstehen, ob alle vom Antragsteller gegen die Übertragung des Aufenthalts-bestimmungsrechts auf die Antragsgegnerin geltend gemachten Einwendungen wirklich sachlich begründet sind. Die angefochtene Entscheidung kann jedenfalls deshalb keinen Bestand haben, weil das Amtsgericht seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 12 FGG) verletzt hat. Das Amtsgericht hat seine Entscheidung auch auf die Stellungnahmen der beteiligten Jugendämter in K. und L. gestützt. Zu Recht weist die Beschwerde in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diese Jugendämter ihre Stellungnahmen lediglich aufgrund von Gesprächen mit den Beteiligten auf der Dienststelle abgegeben haben. Erforderlich ist jedoch grundsätzlich, dass auch die örtlichen Verhältnisse sowie das häusliche Umfeld des Kindes bzw. der Personen, denen die elterliche Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen werden soll, in Augenschein genommen wird, weil dies grundsätzlich ein für die Entscheidung wichtiger Umstand sein kann (vgl.Senat, Beschluss v. 6.10.1998 – 25 UF 102/98 = FamRZ 1999, 1517). Da dies nicht geschehen ist, andererseits aber auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass im vorliegenden Fall die jeweiligen örtlichen Verhältnisse sowie das Umfeld von Bedeutung sein können (z.B. Ausstattung der jeweiligen Wohnung, eigenes Bett für M., Nähe zum Kindergarten, Vorhandensein von anderen Kindern in der Nähe der Wohnung der Antragsgegnerin), muß dies weiter aufgeklärt werden, weswegen die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen war. Von einer eigenen Sachaufklärung hat der Senat abgesehen, schon um den Parteien keine Tatsacheninstanz zu nehmen. Im weiteren Verfahren wird zudem zu klären sein, ob der bislang von der Antragsgegnerin nicht bestrittene Vortrag des Antragstellers zutrifft, wonach sie das Kind M. im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts mehrfach mit den jeweiligen Witterungsverhältnissen nicht angepaßter Kleidung (keine Schuhe, keine Unterwäsche, keine Jacke) übergeben hat. Soweit der Vortrag des Antragstellers zutreffen sollte, M. habe zwischenzeitlich Sprachschwierigkeiten und nässe ein, mögen sich die Parteien vor Augen führen, dass eine mögliche (Mit-)Ursache hierfür die nicht endenden Streitigkeiten der Eltern untereinander sein können.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 13a FGG, 131 Abs. 1, 5 KostO.

 

Unterschriften

Schroeder, Winn, Wolf

 

Fundstellen

FamRZ 2001, 1535

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