Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen Kostenentscheidung. Bindung an Kostenvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung ist im sozialgerichtlichen Verfahren auch dann zulässig, wenn es sich um einen gerichtskostenpflichtigen Rechtsstreit handelt.

2. Die Vereinbarung über die Verteilung der Kostenlast in einem außergerichtlichen Vergleich bindet die Vertragspartner ebenso wie der materiellrechtliche Teil des Vergleichs.

 

Tenor

Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau vom 30. Dezember 2004 wird abgeändert.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Gerichtskosten tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird mit 1.849,69 € festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens stritten über die Höhe einer Forderung der Beschwerdeführerin gegen die Beschwerdegegnerin auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und die Zahlungsmodalitäten. Das Verfahren wurde in der Hauptsache durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Parteien nach einem außergerichtlichen Vergleich beendet. Unter Punkt 3 des Vergleiches heißt es: "Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.„

Mit Beschluss vom 30. Dezember 2004 hat das Sozialgericht Dessau entschieden:

Der Streitwert wird auf 32.448,19 € festgesetzt.

Die Kosten haben die Beschwerdegegnerin zu 1/4 und die Beschwerdeführerin zu 3/4 zu tragen.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes sei nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden. Aus dem Inhalt des Vergleiches ergebe sich die Kostenquotelung.

Gegen den ihr am 7. Januar 2005 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 21. Januar 2005 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht Dessau hat der Beschwerde mit Beschluss vom 1. Februar 2005 nicht abgeholfen, weil diese nicht zulässig sei, und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Begründung hat die Beschwerdeführerin erklärt, das Verfahren sei durch einen Vergleich erledigt worden, der bestimmt habe, dass die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben würden. Das heiße, dass die Parteien je 50 v. H. der reinen Gerichtskosten zahlten und die Rechtsanwalts- und Nebenkosten jede Partei selbst zu tragen habe.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Kostenbeschluss vom 30. Dezember 2004 aufzuheben und zu entscheiden, dass die Kosten entsprechend dem Vergleich zu tragen seien.

Die Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Beschwerde für unzulässig, weil nach § 197a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 158 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ein Rechtsmittel gegen den Beschluss nicht vorgesehen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte des Sozialgerichts (S 6 KR 98/03 ER) und die Beschwerdeakte verwiesen.

II. Die Beschwerde ist zulässig.

Nach § 197a Abs. 1 Halbsatz 2 SGG sind auf das Verfahren, wenn keine der nach § 183 SGG privilegierten Personen als Kläger oder Beschwerdeführerin teilnimmt, für die Kostengrundentscheidung die §§ 154 bis 162 VwGO anzuwenden. Die Beschwerdegegnerin gehört nicht zu den nach § 183 SGG privilegierten Personen. Nach § 183 Satz 1 SGG in der ab 2. Januar 2002 geltenden Fassung ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Die Beschwerdegegnerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und streitet mit der Beschwerdeführerin über die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages für ihre Arbeitnehmer. Auf sie ist deshalb nicht § 183, sondern § 197a SGG anzuwenden.

Die Verweisung in § 197a Abs. 1 SGG erfasst auch § 158 Abs. 2 VwGO. Dieser bestimmt, dass die Entscheidung über die Kosten unanfechtbar ist, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist. Das ist hier der Fall. Der Ausschluss der Beschwerdemöglichkeit für Verfahren, die gerichtskostenpflichtig sind, hätte im sozialgerichtlichen Verfahren zur Folge, dass die Kostenentscheidung, die wegen der Gerichtskosten für den Kostenschuldner belastender ist, nicht mit der Beschwerde angegangen werden kann, während die hinsichtlich der Kosten privilegierten Personen des § 183 SGG und die an diesen Verfahren beteiligten Sozialleistungsträger die nach § 193 SGG ergangene isolierte Kostenentscheidung anfechten können (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002 § 197a Rdnr. 21). § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf deshalb einer einschränkenden Auslegung (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. August 2003 - L 5 B 25/03 KR - Breithaupt 2003, S. 877 m.w.N; ebenso LSG Berlin, Beschluss vom 28. April 2004 - L 6 B 44/03 AL ER - SGB 2500 S. 55; Knittel in Hennig, SGG, Stand: September 2002, § 197a Rdnr. 17; a. A. LSG Celle, Beschluss vom 6. Oktober 2004 - L 3 B 79/03 KA - Breithaupt 2005 S. 446;

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