nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Speyer (Entscheidung vom 03.11.1999; Aktenzeichen S 5 Ar 755/97)

 

Tenor

1. Das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 3.11.1999 -S 5 Ar 755/97- sowie der Bescheid der Beklagten vom 27.6.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.1997 werden aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1.5.1997 nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger einen Anspruch auf die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) hat. Entscheidend ist dabei, ob die Pflege der Stiefmutter des Klägers als versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu werten ist.

Der am x.x.1941 geborene Kläger ist von Beruf Koch. Er war zuletzt vom 15.2.1994 bis 12.3.1994 in dem Restaurant "J-S" in F und vom 1.4.1994 bis 20.9.1994 im Restaurant "M" in L beschäftigt. In der Zeit vom 21.9.1994 bis 11.4.1995 erhielt er Kranken- bzw Übergangsgeld.

Der Kläger meldete sich am 21.4.1997 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Er legte hierzu neben Arbeitsbescheinigungen der oben genannten Arbeitgeber einen Pflegevertrag zwischen Frau G D, seiner Stiefmutter, und ihm vom 15.11.1995 vor. Nach dem vorgelegten Vertrag erhielt der Kläger ein "Pflegegeld" von 2.000,- DM monatlich. Darüber hinaus wurde ihm freie Kost und Logis im Haushalt von Frau D gewährt. Außerdem wurde ihm das Kfz von Frau D zur privaten Nutzung in begrenztem Umfang zur Verfügung gestellt. Der tägliche Pflegeaufwand wurde mit fünf Stunden angegeben. Die Pflege umfasste folgende Tätigkeiten: Mobilitätshilfe, hauswirtschaftliche Versorgung, Einkaufen und Terminabsprache sowie Durchführung von Arztbesuchen. Bereits vor Abschluss des Vertrages pflegte der Kläger seine Stiefmutter gegen Entgelt zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen. Seine Stiefmutter erhielt außer Pflegegeld nach Stufe III monatlich Leistungen von der Wehrbereichsverwaltung. Diese zahlte seiner Stiefmutter 75 % einer Berufspflegekraft. Dies entsprach einem Betrag von ca 4.500,- DM. Die Arbeit des Klägers wurde sowohl durch die Betreuer seiner Stiefmutter als auch sozialmedizinisch überwacht. Die Pflegeleistungen wurden Ende April 1997 eingestellt, da sich die Erkrankung der Stiefmutter des Klägers wesentlich gebessert hatte.

Mit Bescheid vom 27.6.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.10.1997 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Alg ab. Der Kläger habe innerhalb der Rahmenfrist von drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung nicht mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden. In der gemäß § 104 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zu bestimmenden Rahmenfrist vom 21.4.1994 bis 20.4.1997 habe er nur 356 beitragspflichtige oder gleichgestellte Zeiten nachgewiesen. Im Restaurant "M" habe der Kläger in dem oben genannten Zeitraum 153 Kalendertage beitragspflichtig gearbeitet. Außerdem seien 203 Kalendertage zu berücksichtigen, in denen er Kranken- bzw Übergangsgeld bezogen habe. Die Anwartschaftszeit von 360 Tagen sei daher nicht erfüllt. Auch die Vorfrist für den Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) erfülle der Kläger nicht, da er innerhalb des letzten Jahres nicht mindestens 150 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden habe.

Die am 10.10.1997 erhobene Klage hat das Sozialgericht nach Vernehmung der Betreuer der Stiefmutter des Klägers, Herrn Diplom-Sozialarbeiter K U und Frau Diplom-Sozialpädagogin U S sowie nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 3.11.1999 durch Urteil vom gleichen Tag abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Dem Kläger stehe kein Alg zu. Er erfülle nicht die Anwartschaftszeit des § 104 AFG. Zutreffend habe die Beklagte festgestellt, der Kläger habe in der Rahmenfrist lediglich 356 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden bzw gleichgestellte Zeiten nachgewiesen. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei seiner Stiefmutter habe nicht vorgelegen. Beitragspflichtig seien gemäß § 168 Abs 1 Satz 1 AFG nur Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt seien. Arbeitnehmer sei demnach nur, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Die persönliche Abhängigkeit erfordere die Eingliederung in einen fremden Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung (BSGE 70, 81, 82 = SozR 3-4100 § 104 Nr 8 mwN). Zwar könne das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, wie dies insbesondere bei Diensten höherer Art der Fall sei. Wenn der Betreffende seine Tätigkeit aber im Wesentlichen frei gestalten könne, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfüge, oder ...

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