Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistung der aktiven Arbeitsförderung. Berufsausbildungsbeihilfe. keine Anrechnung von Jugendhilfeleistung. Ausbildungsvergütung. Unterhaltsleistung gem § 39 SGB 8. entsprechende Leistungen. Nachrangigkeit

 

Orientierungssatz

Eine Ausbildungsvergütung, die von der Ausbildungseinrichtung im Rahmen der Heimerziehung an einen minderjährigen Jugendlichen gezahlt, aber vom Jugendhilfeträger auf der Rechtsgrundlage des § 39 Abs 2 S 2 SGB 8 erstattet wird, darf trotz § 22 Abs 1 SGB 3 wegen der Nachrangigkeit der Jugendhilfeleistungen gem § 10 Abs 1 S 2 SGB 8 bei entsprechenden Leistungen nicht als Einkommen auf die Berufsausbildungsbeihilfe angerechnet werden.

 

Normenkette

SGB VIII § 10 Abs. 1 S. 2, § 39 Abs. 1, § 2 S. 2 Fassung: 2008-12-10, §§ 27, 34, 97 Abs. 1; SGB III § 56 Abs. 1 Nr. 3, § 22 Abs. 1-2, § 67 Abs. 1, § 2 S. 1; BAföG § 10 Abs. 1 S. 1 Fassung: 2006-12-14, § 21 Abs. 1 S. 1, § 23 Abs. 3 Fassung: 2010-12-07; SGB X §§ 104, 107; SGB XII § 2 Abs. 2; JWG § 6 Abs. 1-2, 4; AFG § 37 Abs. 1, § 40 Abs. 1 S. 1; SGB I §§ 1, 8, 11-12, 48-50

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.10.2017; Aktenzeichen B 11 AL 20/16 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 30.06.2015 - S 6 AL 25/15 - abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, Frau N W ab dem 01.09.2014 Berufsausbildungsbeihilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 9/10.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) durch die Beklagte an die Beigeladene Frau N  W  (im Folgenden: Hilfebedürftige) ab dem 01.09.2014.

Der Kläger gewährt als Träger der Jugendhilfe seit dem 25.07.2012 der Hilfebedürftigen eine Maßnahme nach § 34 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) in Form von Heimerziehung im Jugendhilfezentrum  “C „ in A  .

Am 20.08.2014 stellte die Einrichtung bei der Beklagten für die Hilfebedürftige einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Berufsausbildung zur Beiköchin im eigenen Haus. Nach einer entsprechenden Testung durch die Beklagte hat sich ergeben, dass aufgrund der Schwere der Behinderung bei der Hilfebedürftigen eine Ausbildung nach § 66 Berufsbildungsgesetz (BBiG) angezeigt ist.

Zum 01.09.2014 begann die Hilfebedürftige eine Ausbildung zur Beiköchin im Jugendhilfezentrum. Die Kosten wurden vom Kläger übernommen. Für die Gesamtmaßnahme fallen monatlich Kosten von ca 7.000,00 € an, Ausbildungs- kosten entstehen monatlich in Höhe von (iHv) rund 2.000,00 €.

Mit Schreiben vom 22.09.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten BAB. Der Vater der Hilfebedürftigen sei zu keiner Mitarbeit bereit und stehe im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ebenso wie die Mutter der Hilfebedürftigen. Der durch die Mutter benannte Vater bestreitet die Vaterschaft. Dem Antrag war eine Bescheinigung der Ausbildungsstätte beigefügt. Danach erhielt die Hilfebedürftige eine Ausbildungsvergütung in der Zeit vom 01.08.2014 bis zum 31.08.2015 iHv monatlich 793,26 € und vom 01.09.2015 bis zum 29.02.2016 iHv monatlich 843,20 €. Weiter wurden einmalige Zahlungen geleistet und zwar im November 2014 iHv 256,19 €, im Juni 2015 iHv 261,57 € und im November 2015 iHv 653,56 €. Es wurden keine vermögenswirksamen Leistungen und keine Sachbezüge gewährt. Weiter wurden keine Kosten für Fahrten zwischen der Unterkunft und der Ausbildungsstätte bzw der Berufsschule getragen und keine Kosten für Heimfahrten oder die Beschaffung, Instandhaltung bzw Reinigung der Arbeitskleidung. Weiter beigefügt waren dem Antrag Dokumente über den SGB II-Bezug der Eltern im Jahr 2012 sowie eine Information des Jobcenters Bendorf über den Leistungsbezug der Mutter bis zum 01.10.2014 und darüber hinaus.

Durch Bescheid vom 18.11.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung von BAB ab, da hinreichende Einkünfte vorlägen, um den Bedarf zu decken. Dabei wurde ausgegangen von einem Bedarf für Lebensunterhalt iHv 497,00 € monatlich sowie von Fahrkosten iHv 32,40 € monatlich (gesamt 541,40 €). Als Einkommen wurden monatlich 667,45 € aus der Ausbildungsvergütung angesetzt.

Gegen den ablehnenden Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und verwies auf das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 26.06.2014 (L 1 AL 67/13). Die Jugendhilfeleistungen seien nicht als Einkommen anzusehen im Hinblick auf den gesetzlichen Nachrang. Die Hilfebedürftige erhob ebenfalls Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid.

Durch Widerspruchsbescheid vom 19.02.2012 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Bedarf und Einkommen seien richtig berechnet worden. Es liege noch keine höchstrichterliche Entscheidung vor, ob der Nachrang der Jugendhilfe auch bei BAB gelte.

Hiergegen hat der Kläger am 12.03.2015 vor dem Sozialgericht Trier (SG) Klage erhoben. Er erhebe die Klage als erstattungsberechtigter Träger der Jug...

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