Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte. Versicherungspflicht der Landwirtsehegatten unabhängig von einer Mitarbeit im Betrieb. Verfassungsmäßigkeit. soziale Absicherung im Ausland bzw anderweitige Absicherung kein Befreiungstatbestand

 

Orientierungssatz

1. Für die Begründung der Ehegattenversicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte ist eine Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht erforderlich.

2. Das Bestehen einer sozialen Absicherung im Ausland ist, auch wenn die Absicherung seitens des Betroffenen als ausreichend erachtet wird, weder ein Befreiungstatbestand noch eine Voraussetzung einer Versicherungsfreiheit . Weder in der Deutschen Rentenversicherung noch in der Alterssicherung der Landwirte ist das Bestehen einer anderweitigen Absicherung ein Befreiungstatbestand.

3. Es verstößt nicht gegen das GG, dass der Ehegatte eines Landwirts in der Alterssicherung der Landwirte auch dann versicherungspflichtig nach § 1 Abs 3 ALG ist, wenn er in der Landwirtschaft nicht mitarbeitet (vgl BSG vom 25.11.98 - B 10 LW 10/97 R = BSGE 83, 145 = SozR 3-5868 § 1 Nr 2 und BVerfG vom 9.12.2003 - 1 BvR 558/99 = BVerfGE 109, 96 = SozR 4-5868 § 1 Nr 2).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 20.01.2009; Aktenzeichen B 10 LW 9/08 B)

 

Tenor

1.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 4.3.2008 wird zurückgewiesen.

2.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Versicherungspflicht der Klägerin in der Landwirtschaftlichen Alterssicherung.

Die 1965 geborene Klägerin ist Brasilianerin und seit dem 21.12.2001 mit dem Beigeladenen verheiratet; seit dem 16.1.2002 lebt sie in Deutschland. Der Beigeladene bewirtschaftet als Nebenerwerbslandwirt mehr als 25 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, womit er die Mindestgröße von 5 ha überschreitet; von der Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht hat er keinen Gebrauch gemacht. Nachdem der Beigeladene Anfragen zum Familienstand unbeantwortet gelassen hatte, zog die Beklagte eine Auskunft des Einwohnermeldeamtes bei und erfuhr hierdurch im Dezember 2004 von der Eheschließung. Mit Schreiben vom 21.12.2004, dem ein Merkblatt über Befreiungsmöglichkeiten beigefügt war, unterrichtete die Beklagte die Klägerin von der Versicherungspflicht als Ehegatte eines Landwirts. Die Klägerin bestätigte, dass eine Erwerbsminderung nicht bestehe und machte geltend, sie könne allenfalls das Recht zur Versicherung in der Alterskasse haben, sei jedoch - wie der Beigeladene - nicht versicherungspflichtig. Sie habe 16 Jahre Beiträge zur Nationalen Rentenversicherung Brasiliens entrichtet und zahle seit der Eheschließung freiwillig weiter den Minimalsatz. Die Beklagte verwies nachfolgend darauf, dass mangels Sozialversicherungsabkommen mit Brasilien eine Anerkennung der dort gezahlten Rentenversicherungsbeiträge nicht möglich sei. Mit Bescheid vom 16.3.2005 stellte sie die Versicherungspflicht der Klägerin als Ehegatte eines Landwirts ab Januar 2002 fest; der Bescheid wurde wegen unterbliebener Rücksendung der Empfangsbestätigung nochmals mit am 6.4.2005 zur Post gegebenen Einschreiben an die Klägerin übersandt. Den Widerspruch der Klägerin vom 20.5.2005 sah die Beklagte als verfristet an, ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lehnte sie mit Bescheid vom 13.6.2005 ab. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, da sie auf dem Bescheid vom 16.3.2005, der ihr erst im April 2005 zugegangen sei, "gefühlsmäßig rechtzeitig reagiert" habe; zugleich beantragte sie die Anerkennung von "Kindererziehungszeiten" für ihre am 29.1.2003 bzw 17.11.2004 geborenen Kinder V und M und machte geltend, vor der Kindererziehungszeit habe sie nicht über eine Arbeitserlaubnis verfügt, sei schwanger gewesen und zahle zudem in die brasilianische Rentenversicherung ein, weshalb eine Versicherungspflicht nicht bestanden habe. Mit Bescheid vom 28.9.2005 befreite die Beklagte die Klägerin ab 1.2.2003 wegen Kindererziehung von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse, mit formlosem Bescheid vom 10.10.2005 bestätigte sie im Übrigen die grundsätzliche Versicherungspflicht als Ehegatte eines Landwirts und Beitragspflicht vom 1.1.2002 bis 31.1.2003. Die Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.8.2006, zur Post gegeben am 1.9.2006, zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 2.10.2006 Klage zum Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben und zuletzt unter Aufhebung des Bescheids vom 10.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.8.2006 die Rücknahme des Bescheides vom 16.3.2005 beantragt. Sie hat geltend gemacht, sie könne gar nicht als landwirtschaftliche Unternehmerin gelten, weil sie erst seit dem 1.8.2003 über eine vom Arbeitsamt Koblenz erteilte Arbeitsgenehmigung verfüge, die zudem nur für nichtselbstständige Tätigkeiten gelte. Es sei verfassungswidrig, wenn auch Ehegatten zur Versicherungspflicht heran...

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