Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rentenversicherungsträger. verspätete Benennung von Verweisungsberufen. Vorlage berufskundlicher Unterlagen und Tarifverträge sowie einschlägiger Urteile. Auferlegung von Kosten

 

Leitsatz (amtlich)

Benennt ein Rentenversicherungsträger drei Tage vor einer anberaumten mündlichen Verhandlung erstmals gestützt auf Urteile anderer Landessozialgerichte neue, bisher nicht in das Gerichtsverfahren eingebrachte Verweisungsberufe, ohne diese Urteile dem maßgeblichen Schriftsatz beizufügen und legt er auch trotz gerichtlicher Aufforderung einschlägige berufskundliche Unterlagen und Tarifverträge zu diesen Verweisungsberufen in der Folge bis zur mündlichen Verhandlung nicht vor, so rechtfertigt dieses Verhalten die Verhängung von Kosten nach § 192 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG.

 

Gründe

Der Senat hat der Beklagten gestützt auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der seit dem 02.01.2002 geltenden Fassung des 6. SGGÄndG vom 17.08.2001 (BGBl. I S. 2144) Verschuldenskosten in Höhe von 400,00 € auferlegt. Hiernach können einem Beteiligten die Kosten auferlegt werden, die dadurch verursacht werden, dass durch sein Verschulden die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Beklagte hat nach Erhalt der Ladung am 27.10.2003 zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat (14.11.2003) am 11.11.2003 erstmals gestützt auf Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19.02.2001 (L 3 RJ 142/97) und 28.08.2001 (L 18/3 RJ 242/99) bzw. des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11.12.2002 (L 2 RJ 3127/98) die Verweisungsberufe des Verdrahtungselektrikers und des Schaltschrankmonteurs benannt. Sie hat dabei lediglich ihr Schreiben vom 11.11.2003 - ohne die zitierten Urteile beizulegen - per Telefax übermittelt; das Originalschreiben sowie die Entscheidungen der Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg sind am 12.11.2003 beim Landessozialgericht eingegangen. Einschlägige berufskundliche Unterlagen und maßgebliche Tarifverträge zu diesen Verweisungsberufen hat die Beklagte trotz gerichtlicher Aufforderung vom 11.11.2003 weder vor noch im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.11.2003 vorgelegt. Die Beklagte hat unter Außerachtlassung der im Prozess gebotenen Sorgfalt und damit schuldhaft die Vertagung des Rechtsstreits und nach weiteren Ermittlungen die Anberaumung eines neuen Termins am 25.2.2005 verursacht, weil ihr die Vorlage der mit Schriftsatz vom 27.11.2003 übersandten Unterlagen bereits vor dem ersten Termin möglich gewesen wäre. Die Benennung weiterer Verweisungsberufe durch die Beklagte erfolgte auch nicht aufgrund weiteren Sachvortrags des Klägers.

Der Senat hat unter Beachtung des gesetzlichen Mindestbetrages, welcher der Pauschgebühr für das Verfahren vor den Landessozialgerichten in Höhe von 225,00 € entspricht (§§ 192 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. 184 Abs. 2 SGG), einen Betrag von 400,00 € für angemessen erachtet. Der über die gesetzliche Mindesthöhe hinausgehende Betrag ist im Einzelfall zu schätzen (§§ 202 SGG i.V.m. 287 ZPO).

Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die aufgewandten Mehrkosten für dieses Verfahrens erheblich höher als 400,00 € sind. So sind vorliegend für das o.g. Verfahren zweifach Sitzungskosten, u.a. für Richter und sonstiges Personal sowie Auslagenvergütung für Beteiligte sowie einen (berufskundlichen) Sachverständigen ( vgl. dazu Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 7. Aufl., § 192 Rdnr. 14) angefallen.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1757243

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