Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die nach dem Eigenheimzulagengesetz bewilligte, dem Hilfeempfänger zugeflossene Eigenheimzulage ist anzurechnendes Einkommen iS des § 82 SGB 12. Sie wird nicht iS des § 83 Abs 1 SGB 12 zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt.

2. Die gewährte Eigenheimzulage ist von dem Monat an, in dem sie ausgezahlt wird, als Einkommen mit einem Teilbetrag von 1/12 pro Monat zu berücksichtigen.

3. Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe impliziert die Verpflichtung, Einkommen vorrangig zur Behebung einer Notlage zu verwenden und schließt die Berücksichtigung von Vermögenspositionen, die in Kenntnis der gegenwärtigen Notlage getroffen werden, aus.

 

Orientierungssatz

Die Ungleichbehandlung von Empfängern von Leistungen nach SGB 2 oder nach SGB 12 hinsichtlich der Berücksichtigung der Eigenheimzulage als Einkommen begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mainz vom 07.03.2006 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beschwerdegegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten ist, der Beschwerdeführerin vorläufig Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem 12. Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ohne Anrechnung der ihr gewährten Eigenheimzulage zu zahlen.

Die Beschwerdeführerin ist Alleineigentümerin des Hausgrundstücks L. in F. . Mit Bescheid vom 06.02.2002 bewilligte das Finanzamt I. der Beschwerdeführerin Eigenheimzulage ab 2001 bis 2008 in einer jährlichen Höhe von 2.045,17 €. Bei der Kreissparkasse B. bestehen zwei Darlehensverträge der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes, die jährlich jeweils zum 15.03. mit einer Tilgungsrate von 1.000,00 € bzw. 1050,00 € bedient werden. Am 20.06.2005 trat die Beschwerdeführerin ihren Anspruch auf Zahlung der Eigenheimzulage an die Kreissparkasse B. zur Sicherung der Forderungen aus den beiden Darlehensverträgen gegen sich und ihren Ehemann ab.

Bei der Beschwerdeführerin wurde am 04.04.2005 volle Erwerbsminderung festgestellt. Im Anschluss daran bewilligte der Beschwerdegegner der Beschwerdeführerin Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen der Beschwerdeführerin berücksichtigte der Beschwerdegegner die der Beschwerdeführerin zustehende Eigenheimzulage als bedarfsminderndes Einkommen. Durch Beschluss vom 11.10.2005 verpflichtete das Sozialgericht Mainz (SG) den Beschwerdegegner bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens aber bis zum 28.02.2006 Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung ohne Anrechnung der Eigenheimzulage zu gewähren. Zur Begründung führte das SG aus, die Eigenheimzulage sei bis zum 28.02.2006 nicht zu berücksichtigen, da die Eigenheimzulage der Beschwerdeführerin vor dem Bewilligungszeitraum am 01.05.2005 ausgezahlt worden sei.

Der Kreisrechtsausschuss des Beschwerdegegners wies den Widerspruch der Beschwerdeführerin mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2005 zurück. Die Eigenheimzulage sei anrechenbares Einkommen. Der Widerspruchsbescheid ist Gegenstand des Klageverfahrens beim SG mit dem Aktenzeichen S 11 SO 69/05.

Am 06.02.2006 hat die Beschwerdeführerin beim SG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt, den Beschwerdegegner zu verpflichten, ihr weiterhin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII ohne Anrechnung der Eigenheimzulage zu gewähren.

Durch Beschluss vom 07.03.2006 hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, im Bedarfszeitraum nach dem 28.02.2006 sei der Beschwerdeführerin die Eigenheimzulage zugeflossen. Diese sei als Einkommen zu berücksichtigen. Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei zu folgen.

Gegen den am 09.03.2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 18.03.2006 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 16.05.2006 dahingehend geeinigt, dass im vorläufigen Rechtsschutzverfahren lediglich die Frage geklärt werden soll, ob die Eigenheimzulage bei den Grundsicherungsleistungen zu berücksichtigen ist.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass die Eigenheimzulage bei der Bemessung ihrer Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII außer Betracht bleiben müsse. Die Eigenheimzulage werde vom Staat als "Zuschuss für Häuslebauer oder Käufer von Häusern" gewährt. Ihnen solle damit eine Hilfe zur Renovierung oder Finanzierung geleistet werden. Es bestehe auch eine Ungleichbehandlung dahingehend, dass das Einkommen von Familien, die in Arbeit stehen oder Leistungen nach dem 2. Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten würden, nicht um die Eigenheimzulage gekürzt werde. Auf Grund der Abtretung stehe ihr auch die Geldleistung nicht zur Verfügung.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschlu...

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