Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Kostenerstattung zwischen kommunalen Trägern für Frauenhausaufenthalt. Erstattungsfähigkeit der Unterbringungskosten und der Kosten der psychosozialen Betreuung. fehlende Vereinbarung gem § 17 SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Der kommunale Grundsicherungsträger, in dessen Zuständigkeitsbereich sich das Frauenhaus befindet, hat gegenüber dem kommunalen Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort Anspruch auf Erstattung der Unterbringungs- bzw Unterkunftskosten, aber auch der - der beruflichen Eingliederung dienenden - Kosten der psychosozialen Betreuung gem § 16a Nr 3 SGB 2, wenn eine den Anforderungen des § 17 Abs 2 SGB 2 genügende Vereinbarung mit dem Trägerverein des Frauenhauses abgeschlossen wurde. Ratsbeschlüsse und ergänzende Regelungen sind nicht geeignet an die Stelle der hier fehlenden Vereinbarung zu treten.

2. § 36a SGB 2 regelt den Kostenerstattungsanspruch abschließend und lässt für eine entsprechende Anwendung der §§ 662, 670 BGB keinen Raum.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.02.2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 1.814,17 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung weiterer 1.814,17 EUR für die Unterbringung der Frau F1 und ihrer beiden minderjährigen Kinder S und E (im Folgenden: E; R; D) in einem der beiden L Frauenhäuser in Anspruch. E, R und D, die zuletzt ihren Wohnsitz in N gehabt hatten, flohen vor häuslicher Gewalt und hielten sich während der Zeit vom 18.03.2011 bis zum 05.07.2011 (110 Tage) in einem der beiden L Frauenhäuser auf. Sie erhielten vom Jobcenter L Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form des Regelbedarfs, E zuzüglich des Mehrbedarfs für Alleinerziehende. Als Einkommen berücksichtigte das Jobcenter jeweils das Kindergeld für die minderjährigen Kinder in gesetzlicher Höhe. Die Klägerin übernahm als kommunaler Träger in dieser Zeit Kosten iHv 3.858,90 EUR berechnet aus einer Tagespauschale von 35,09 EUR für jede Personen (35,09 EUR x 110 x 3). Die Tagespauschale ihrerseits errechnete sich aus den Eckkosten des Betreibers des Frauenhauses, des Vereins "G eV", aus folgenden Positionen für das Jahr 2011:

- Miete und Nebenkosten 29.672,72 EUR

- Hausmeisterei 16.219,92 EUR

- Betriebskosten/Instandhaltung 7.698,24 EUR

- Versicherungen 1.630,12 EUR

- Kfz.-Kosten 2.725,00 EUR

- Abschreibungen 3.861,92 EUR

- Miete für einen Münzfernsprecher 399,72 EUR

- Betreuungskosten (Bewirtung etc.) 2.308,75 EUR

- Inventar/Ersatzbeschaffung 5.673,35 EUR

- Personalkosten 57.885,05 EUR

jährliche Gesamtkosten 128.074,79 EUR

Ausgehend von zehn Plätzen entfielen auf jeden dieser Plätze 12.807,48 EUR pro Jahr und 35,09 EUR pro Tag.

In einem Beschluss des Rates der Stadt L vom 29.06.1993 wurde die institutionelle Förderung für Personal- und Sachkosten des Trägervereins wegen erhöhter Nachfrage mit Betrieb von nunmehr zwei statt einem Frauenhaus bestimmt. Diese umfasste auch die entsprechende Ausweitung des Angebots in der nachgehenden Beratung ehemaliger Frauenhausbewohnerinnen für zwei Einrichtungen. Regelungen zu von den Frauenhäusern vorzuhaltenden konkreten Leistungen nach Inhalt, Umfang und Qualität sowie Vorgaben für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen enthält der Ratsbeschluss nicht. Auf der Grundlage des Beschlusses des Rates der Stadt L vom 16.12.2004 regeln die "Allgemeinen Bewilligungsbedingungen" für das Dezernat Soziales, Senioren, Wohnen und Beschäftigungsförderung zur Gewährung von Zuschüssen aus dem Verwaltungshaushalt im Wesentlichen die Höhe der Förderung bezogen auf die verschiedenen Kostenarten, die Vorgaben zur Bewirtschaftung durch den Trägerverein und die Prüfung bzw. den Nachweis zweckentsprechender Verwendung der Mittel.

Mit Schreiben vom 15.04.2011 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 36a SGB II geltend, den sie nachfolgend mit 3.858,90 EUR bezifferte (Schreiben vom 15.11.2011). Im vorgerichtlichen Schriftwechsel erklärte die Beklagte, allein Kosten für die Unterkunft tragen zu wollen, der Tagessatz allerdings auch Positionen aufweise, die nicht erstattungsfähig seien, wie etwa die Personalkosten. Wiederholt forderte sie von der Klägerin eine Aufstellung der genauen Zusammensetzung der geltend gemachten Kosten und lehnte schließlich unter dem 24.05.2013 die Kostenerstattung insgesamt ab. Zwar bestehe eine Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung; die hierauf entfallenden Kosten ließen sich auf Grundlage der vorgelegten Tagessätze jedoch nicht hinreichend konkret ermitteln.

Die Klägerin hat am 13.06.2013 Klage bei dem Sozialgericht Köln erhoben. Die Beklagte sei verpflichtet nicht nur die Kosten der Unterkunft, sondern auch der während des Aufenthaltes erbrachten Betreuungsleistungen zu erstatten. Nur ei...

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