Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung. Kapitalerträge aus einem Bausparvertrag. rechtlicher und tatsächlicher Zufluss. bereite Mittel

 

Orientierungssatz

Die jährlich einem Bausparkonto gutgeschriebenen Grundzinsen, die die Bausparsumme erhöhen, sind rechtlich als am Ende des jeweiligen Jahres zugeflossen zu qualifizieren. Als Einkommen gem § 11 SGB 2 berücksichtigt werden können die insofern nach Antragstellung zugeflossenen Grundzinsen aber erst, wenn sie (als Teil des Bausparguthabens) ebenso wie vereinbarte Sonderzinsen - hier zum Zeitpunkt der vorzeitigen Auflösung des Bausparvertrages - tatsächlich ausgezahlt werden und als bereite Mittel zur Verfügung stehen.

 

Normenkette

SGB II § 11 Abs. 1 S. 1, § 12 Abs. 1-2, 3 Fassung: 2007-04-20, § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Fassung: 2008-12-21, Abs. 2; Alg II-V § 1 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 2008-12-21; SGB III § 330 Abs. 3 S. 1; SGB X § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 50 Abs. 1 S. 1; EStG § 44 Abs. 1 S. 2; BGB § 1629a

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 03.05.2011 wird geändert. Der Bescheid vom 23.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.2010 wird teilweise aufgehoben, soweit ein Betrag von mehr als 290,75 Euro zurückgefordert worden ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach zu 1/3 aus dem gesamten Verfahren zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.06.2009 bis 31.07.2009 im Hinblick auf die mit einem vorzeitig aufgelösten Bausparvertrag erzielten Zinsen in Streit.

Die Klägerin bezieht seit 2005 Leistungen zur Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II). Auf den Fortzahlungsantrag vom 27.02.2009 bewilligte der Beklagte der mit ihrer Mutter in Bedarfsgemeinschaft lebenden, am 00.00.1991 geborenen Klägerin für die Zeit vom 01.04.2009 bis 30.09.2009 Leistungen nach dem SGB II (Bescheid vom 12.03.2009 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 08.04.2009, 26.05.2009 und 07.06.2009). Auf die Klägerin entfielen Leistungen in Höhe von 147,00 Euro für die Zeit vom 01.06.2009 bis 30.06.2009 und in Höhe von je 153,00 Euro für den Zeitraum vom 01.07.2009 bis 30.09.2009 zuzüglich je 229,50 Euro als Kosten der Unterkunft. Das bei der Klägerin zu berücksichtigende Kindergeld in Höhe von 164,00 Euro bereinigte der Beklagte um einen monatlichen Betrag von 30,00 Euro.

Die Klägerin stand bis zum 30.09.2011 im Leistungsbezug. Ab dem 01.10.2011 nahm sie ein Studium im Fach Biowissenschaften in G auf.

Die Klägerin verfügte über einen Bausparvertrag (000), den sie am 24.09.2001 über eine Bausparsumme von 16.000,00 DM (8.180,67 Euro) zu folgenden Konditionen abgeschlossen hatte. Die Klägerin zahlte monatlich 50,00 DM (25,56 Euro). Vereinbart waren ein Grundzins in Höhe von 2,50 % und ein Sonderzins in Höhe von 1,5 %. Sie zahlte eine jährliche Gebühr in Höhe von 15,00 DM (7,67 Euro), die immer zum 31.03. jeden Jahres fällig wurde und eine Abschlussgebühr im ersten Jahr in Höhe von 160,00 DM (81,81 Euro). Dem Quartalssparverlauf vom 24.09.2001 lässt sich entnehmen, dass sich das Bausparguthaben aus der Summe der Einzahlungen zuzüglich der Grundzinsen und abzüglich der Gebühren ergibt. Sonderzinsen und Wohnungsbauprämie sind nicht eingerechnet. Zusätzlich war vereinbart, dass die Zinsen des laufenden Jahres zum Auszahlungstermin kapitalisiert und ausgezahlt und die Zahlungen in einer Summe zum Quartalsende ausgewiesen werden. Des Weiteren war vereinbart, dass die Zahlungen bei der Verzinsung taggenau berücksichtigt werden und die Wohnungsbauprämie im Sparplan jährlich ausgewiesen und nach Ablauf der Bindungsfrist von sieben Jahren bzw. bei Zuteilung dem Bausparguthaben zugerechnet wird.

Ausweislich des Kontoauszuges des Bausparvertrags, der einen Überblick über die Kontenbewegungen seit dem 01.01.2006 enthält, wurde bei der Klägerin im Jahr 2006 kein Steuerabzug von den Zinsen vorgenommen, da eine ausreichende Freistellung der Klägerin vom Zinsabschlag vorgelegen hat. Ansonsten werden - wie es in dem Kontoauszug formuliert wird - die Zinsabschlagsteuer und der Solidaritätszuschlag, die im Kalenderjahr 2006 von den gutgeschriebenen Zinsen einbehalten wurden, im Kontoauszug ausgewiesen.

Mit Schreiben vom 07.09.2009 forderte der Beklagte die Klägerin auf, bis zum 24.09.2009 die Zinsbescheinigung der E Bank AG für 2008 einzureichen und den Zuflusstag zu vermerken. Entsprechende Unterlagen gingen beim Beklagten am 24.09.2009 ein. Danach wies der von der Klägerin gekündigte Bausparvertrag gemäß einer Bescheinigung der Deutschen Bank vom 29.06.2009 bei Auflösung ein Bausparguthaben von 2.413,63 Euro auf. Weiter wurden in dieser Bescheinigung Zinsen in Höhe von 29,05 Euro und Sonderzinsen in Höhe von 142,72 Euro ausgewiesen und ein Abzug für Sofortauszahlung in Höhe von 38,78 Euro vorgen...

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