Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Pflegequalität. Streit über die Ergebnisse der Qualitätsprüfung. Fortsetzungsfeststellungsklage. Klageänderung. vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte. Rechtsschutzinteresse. Rechtsgrundlage. Verfassungsmäßigkeit von § 115 Abs 1a SGB 11. Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS)

 

Orientierungssatz

1. Zur Zulässigkeit der im Berufungsverfahren erfolgten Änderung einer Fortsetzungsfeststellungsklage in eine vorbeugende Unterlassungsklage, mit der ein Pflegeeinrichtungsträger die zukünftige Erstellung und Veröffentlichung von Transparenzberichten verhindern möchte.

2. Das für eine solche vorbeugende Unterlassungsklage geforderte sog qualifizierte Rechtsschutzinteresse liegt vor, da eine Wiederholungsgefahr anlässlich der gem § 114 Abs 2 S 1 SGB 11 jährlich stattfindenden Wiederholungsprüfungen und deren in § 115 Abs 1a S 4 SGB 11 geregelten Auswirkungen auf die Transparenzberichte hinsichtlich der Anwendung der Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVS) zu bejahen ist.

3. Für die Veröffentlichung von Transparenzberichten besteht mit § 115 Abs 1a SGB 11 eine Rechtsgrundlage, die nicht verfassungswidrig ist und deren rechtliche Grenzen mit der Vereinbarung der PTVS nicht überschritten werden. Insbesondere sieht der Senat das Zustandekommen und den Inhalt der PTVS als rechtmäßig an.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.05.2013; Aktenzeichen B 3 P 5/12 R)

 

Tenor

Die im Berufungsverfahren erhobene vorbeugende Unterlassungsklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Klageverfahrens bis zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides am 18.01.2011 und der Sperrung der Veröffentlichung des Transparenzberichtes (Eingang der Mitteilung bei Gericht) tragen die Beklagten, die weiteren Kosten des Klageverfahren ab 19.01.2011 trägt die Klägerin. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens sowie der im Berufungsverfahren erhobenen vorbeugenden Unterlassungsklage.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird für das Klageverfahren bis zum 18.01.2011 auf 40.000 Euro, für die Zeit ab dem 19.01.2011 auf 115.000 Euro festgesetzt. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 190.000 festgesetzt. Der Streitwert für die Entscheidung beträgt 75.000 Euro.

 

Tatbestand

Streitig ist im Berufungsverfahren noch die künftige Unterlassung der Veröffentlichung von Transparenzberichten über die durch die Klägerin betriebene Pflegeeinrichtung auf der Grundlage des § 115 Abs 1a des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) und der Pflege- Transparenzvereinbarung stationär vom 17.12.2008 (PTVS) durch die Beklagten.

Die Klägerin ist Trägerin der durch Versorgungsvertrag zugelassenen stationären Pflegeeinrichtung D-Wohnhaus am T in L. Am 06.08.2009 erfolgte eine Qualitätsprüfung gemäß §§ 114 ff SGB XI durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK). Mit Anschreiben vom 05.10.2009 übersandten die Beklagten der Klägerin den auf Grundlage dieser Prüfung erstellten Prüfbericht vom 22.09.2009 und teilten mit, dass beabsichtigt sei, der Klägerin den im Prüfbericht aufgeführten Maßnahmenkatalog des MDK zur Beseitigung der festgestellten Defizite aufzuerlegen. Mit Schreiben vom 05.11.2009 nahm die Klägerin umfangreich zu einzelnen konkreten Maßnahmen Stellung. Am 18.11.2009 übersandten die Beklagten den auf Grundlage des Prüfberichts erstellten vorläufigen Transparenzbericht gemäß § 115 Abs 1a SGB XI an die Klägerin. Dieser wies als Gesamtergebnis die Note 3,3 (befriedigend) aus. Mit Maßnahmenbescheid vom 30.11.2009 gaben die Beklagten der Klägerin die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen zur Qualitätssicherung auf.

Am 30.12.2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben und zunächst schriftsätzlich beantragt, den Maßnahmenbescheid vom 30.11.2009 aufzuheben sowie die Veröffentlichung des Transparenzberichts vom 06.08.2009 bis zur Rechtskraft des Bescheides auszusetzen. Sie hat auf eine ihrer Ansicht nach bestehende "gewisse Unvollkommenheit der Prüfinstrumente, -maßstäbe und -aktivitäten des MDK" hingewiesen und betont, dass für sie Fragen der Qualitätssicherung, des Qualitätsmanagements und der Qualitätsentwicklung von großer Bedeutung seien. Es werde mit der Klage auch das Ziel verfolgt, die Prüftätigkeit, die Prüfberichte und die auf ihnen basierenden Maßnahmen und Transparenzberichte einer rechtlichen Prüfung zuzuführen, da diese ihrer Ansicht nach einer solchen nicht standhalten würden. Insbesondere beanstande sie einzelne Fragestellungen der MDK-Anleitung zur Prüfung der Qualität; es sei zweifelhaft, dass die MDK-Anleitung in jeder Fallkonstellation eine verlässliche Grundlage für die Abfrage und Abbildung der Qualität in vollstationären Einrichtungen darstellten. Hinsichtlich des Maßnahmenbescheides trug sie vor, die Maßnahmen seien ausschließlich auf der Basis von Textbausteinen formuliert, die dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügten. Auch sei es problematisch, von dem Inhalt der Pflege...

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