Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz bei einem Verlassen des Arbeitsweges zum Zweck des Tankens

 

Orientierungssatz

1. Bei der Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall ist wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Versicherten zur versicherten betrieblichen Tätigkeit auf dem Weg zur oder von der Arbeitsstätte gehört oder dem unversicherten privaten Bereich zuzuordnen ist. Entscheidend ist die Handlungstendenz.

2. Das Auftanken eines zur Fahrt nach oder von dem Ort der Tätigkeit benutzten Kraftfahrzeugs ist grundsätzlich dem unversicherten persönlichen Lebensbereich des Versicherten zuzurechnen. Hat der Versicherte zum Tanken den Weg von oder zu der Arbeit verlassen, besteht kein Unfallversicherungsschutz.

3. Etwas Anderes gilt für den Fall der Unvorhersehbarkeit des Nachtankens. Davon kann nur dann gesprochen werden, wenn der Treibstoff für das benutzte Fahrzeug plötzlich aus Umständen, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, für ihn vollkommen unerwartet zur Neige geht.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. August 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte einen Verkehrsunfall vom 15.06.2005 als Arbeitsunfall anerkennen muss.

Der 1959 geborene Kläger begab sich am 15.06.2005 nach Beendigung seiner Tätigkeit bei der P GmbH in N mit seinem Motorroller auf den Weg zu seiner Wohnung in W, I-weg 00. An der Kreuzung E Weg/C-Straße verließ der Kläger seinen unmittelbaren Nachhauseweg, um an der Tankstelle des F Verbrauchermarktes, L-Straße 00 in W, sein Fahrzeug zu betanken. Auf dem Weg von der Tankstelle zu seiner Wohnung stieß der Kläger auf der G-Straße mit einem Pkw zusammen und erlitt dabei eine Tibiaspiralfraktur links.

Nachdem die Arbeitgeberin bei der Beklagten über das Ereignis vom 15.06.2005 eine Unfallanzeige erstattet hatte, übersandte die Beklagte dem Kläger am 09.08.2005 einen Fragenkatalog. Der Kläger gab in seinem Antwortschreiben vom 12.08.2005 an, aus seiner Sicht habe die Notwendigkeit zu tanken bestanden, da die Tankanzeige im Reservebereich gewesen sei. Dass er würde tanken müssen, habe er morgens bemerkt.

Die Beklagte lehnte eine Entschädigung des Ereignisses vom 15.06.2005 mit Bescheid vom 26.08.2005 ab und führte hierzu aus, der Unfall habe sich auf einem Abweg ereignet, so dass ein Arbeitsunfall nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er habe, als er auf dem E Weg unterwegs gewesen sei, über die Reserveanzeige bemerkt, dass er tanken müsse. Er habe sodann die nächstgelegene Tankstelle des F Verbrauchermarktes angesteuert. Dies sei in der Regel die billigste Tankstelle in W. Ob er mit dem Restbenzin noch nach Hause gekommen wäre, könne er nicht sagen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2005 zurück und führte ergänzend aus, als der Kläger den direkten Weg zwischen seiner Arbeitsstätte und der Wohnung verlassen habe, habe er noch maximal vier Kilometer fahren müssen, um seine Wohnung zu erreichen. Aufgrund dieser geringen Entfernung sei davon auszugehen, dass der restliche Tankinhalt ausgereicht hätte, um die Wohnung zu erreichen. Die Handlungstendenz sei demgemäß auf die Besorgung von Kraftstoff für den Weg zum Ort der Tätigkeit am nächsten Tag gerichtet gewesen.

Dagegen hat der Kläger am 10.11.2005 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben.

Er hat vorgetragen, es habe sich auf der Rückfahrt von der Arbeit durch Leuchten der Reservelampe erstmals abgezeichnet, dass er möglicherweise mit dem Restbenzin nicht würde zu seiner Wohnung fahren können. Woher die Beklagte die Kenntnis habe, dass der restliche Tankinhalt noch gereicht hätte, um zu seiner Wohnung zu fahren, sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen sei es auch niemandem zuzumuten, "bis zum letzten Tropfen" zu fahren und damit Gefahr zu laufen, ohne Treibstoff liegen zu bleiben.

Das SG hat die Klage nach Anhörung des Klägers mit Urteil vom 14.08.2007 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 16.08.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.09.2007 (Montag) Berufung eingelegt.

Er trägt vor, die Gefahr, ohne Benzin mit seinem Fahrzeug liegen zu bleiben, habe sich während der Heimfahrt verdichtet. Er habe dann an der Kreuzung E Weg/C-Straße seine Entscheidung getroffen, indem er von seinem ursprünglichen Nachhauseweg abgewichen sei und die L-Straße angefahren habe. Dies könne ihm nicht vorgeworfen werden. Denn hätte das Benzin die restliche Wegstrecke nicht ausgereicht, hätte er jederzeit seinen Motorroller die letzte Wegstrecke schieben können, ohne Gefahrenmomente im Straßenverkehr heraufzubeschwören. Wäre er von der Kreuzung E Weg/-C-Straße wie üblich in Richtung seiner Wohnung abgebogen, hätte er mindestens die Hälfte der Fahrtstrecke auf einer vierspurigen Umgehungsstraße fahren müssen mit erheblichem Risikopotential für den Fall, dass...

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