Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung zu Unrecht bezogener Leistungen der Grundsicherung - Anrechnung von Einkommen

 

Orientierungssatz

1. Die Hilfebedürftigkeit des Grundsicherungsberechtigten i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB 2 entfällt, wenn dieser aus seinem Einkommen den Lebensunterhalt sichern kann.

2. Die laufenden Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.

3. Weder aus dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR), noch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kann der Grundsicherungsberechtigte einen Anspruch auf taggenaue Anrechnung von Einkommen herleiten.

4. Die Aufhebung der Leistungen hat nach §§ 40 Abs. 4, 330 Abs. 3 S. 1 SGB 3 zwingend zu erfolgen.

5. Die überzahlten Leistungen sind gemäß § 50 Abs. 1 SGB 10 zu erstatten.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 04.12.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Aufhebung und Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Februar 2020.

Die am 00.00.1965 geborene, allein lebende Klägerin bezog Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. Mit Bescheid vom 10.09.2019 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2019 bewilligte der Beklagte der Klägerin u.a. für den Zeitraum vom 01.02.2020 bis 29.02.2020 Leistungen in Höhe von insgesamt 1.011,94 Euro. Der Gesamtbedarf der Klägerin ergab sich aus dem Regelbedarf in Höhe von 432,00 Euro, einem Mehrbedarf für Warmwassererzeugung in Höhe von 9,94 Euro sowie dem Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 570,00 Euro.

Zum 01.02.2020 nahm die Klägerin eine Erwerbstätigkeit auf. Am 28.01.2020 teilte sie dem Beklagten mit, dass sie sich zum 01.02.2020 aus dem Leistungsbezug abmelde. Die Leistungen des Beklagten für Februar 2020 wurden Ende Januar 2020 auf dem Konto der Klägerin verbucht. Mit dem Verwendungszweck Lohn/Gehalt wurde dem Konto der Klägerin am 28.02.2020 ein Betrag von 1.866,41 Euro gutgeschrieben. Am 05.03.2020 unterschrieb die Klägerin zudem eine von dem Beklagten vorformulierte Erklärung, dass sie ab dem 01.02.2020 auf Leistungen nach dem SGB II verzichte.

Nach Anhörung der Klägerin zu einer beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Monat Februar 2020 und Erstattungsforderung mittels Schreiben vom 20.03.2020 widerrief die Klägerin am 05.04.2020 die Unterschrift unter die Erklärung vom 05.03.2020. Diese habe sie nur unterschrieben, weil ihr gesagt worden sei, dass trotz ihrer schriftlichen Abmeldung am 28.01.2020 solange weiterhin Leistungen überwiesen würden, bis sie die Erklärung unterschreibe. Auch ein Streichen von Sätzen würde zu einer dauerhaften Weiterüberweisung von Leistungen führen. Sie sei ihren Mitwirkungspflichten immer nachgekommen. Wegen der Abmeldung bestünden seit dem 01.02.2020 keine Mitwirkungspflichten mehr. Ferner äußerte sich die Klägerin am 06.04.2020 dahingehend, dass keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung bestehe. Sie sei hilfebedürftig gewesen und ihren Mitwirkungspflichten während des Leistungsbezugs nachgekommen.

Der Beklagte hob mit Bescheid vom 24.04.2020 den Bewilligungsbescheid vom 10.09.2019 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2019 u.a. für den Zeitraum vom 01.02.2020 bis zum 29.02.2020 vollständig auf und verlangte für diesen Monat insgesamt 1.137,59 Euro überzahlte Leistungen zurück. Die Klägerin habe sich am 01.02.2020 aus dem Leistungsbezug abgemeldet.

Die Klägerin erhob am 25.05.2020 Widerspruch und machte u.a. geltend, die Leistung für Februar 2020 zu Recht bezogen zu haben. Es bestehe keine Grundlage für die Rückforderung der Leistungen, da sie die Erklärung vom 05.03.2020 widerrufen habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2020 änderte der Beklagte den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in Bezug auf den Monat Februar 2020 dahingehend ab, dass die Leistungen in Höhe von 1.011,94 Euro aufgehoben und erstattet verlangt wurden und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Rechtsgrundlage für die Aufhebung sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Klägerin habe am 28.02.2020 aus ihrer zum 01.02.2020 aufgenommenen Erwerbstätigkeit Einkommen erzielt, dass wegen des Zuflussprinzips (§ 11 Abs. 2 SGB II) unter Berücksichtigung der Freibeträge nach § 11 b SGB II auf ihren Bedarf im Februar 2020 anzurechnen gewesen sei und zu einem Wegfall des Leistungsanspruchs geführt habe. Die Erstattungsforderung beruhe auf § 50 Abs. 1 SGB X.

Am 09.10.2020 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Sie vertritt die Ansicht, die Aufhebung und Erstattung für den Monat Februar 2020 sei rechtswidrig. Zwar sei die Gehaltsgutschrift auf dem Konto am 28.02.2020 erfolgt, diese Zahlung könne aber im Monat Februar 2020 keine Berücksichtigung finden. Das Einkommen habe erst mit Zufluss bedarfsdeckend ein...

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