Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zur Bewilligung von Leistungen für die Unterkunft durch den Grundsicherungsträger im Wege des einstweiligen Rechtschutzes

 

Orientierungssatz

1. Eine einstweilige Anordnung ist nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

2. Leistungen für die Unterkunft nach § 22 SGB 2 sind vom Grundsicherungsträger nicht zu erbringen, wenn die vom Antragsteller angemietete Wohnung nach einer bauamtlichen Verfügung für Wohnzwecke ungeeignet ist. Diesem entsteht kein nicht wiedergutzumachender Nachteil, wenn die Wohnung aufgrund der Nichtzahlung der Miete verlassen werden muss.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 18.10.2017 geändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt, soweit der Antragsgegner verpflichtet worden ist, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat ½ der Kosten der Antragsteller für beide Rechtszüge zu erstatten.

Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt I, E, beigeordnet.

 

Gründe

I.

Der Antragsgegner wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die am 00.00.1979 geborene Antragstellerin zu 1. ist bulgarische Staatsangehörige und Mutter der minderjährigen Antragsteller zu 2. bis 4., für die die Antragstellerin zu 1. Kindergeld bezieht. Nach eigenen Angaben ist die Antragstellerin zu 1. vor zehn Jahren mit ihrem damaligen Freund in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Nach der vorgelegten Meldebescheinigung ist die Antragstellerin zu 1. erstmals am 10.12.2007 in Deutschland gemeldet gewesen. Die Antragstellerin zu 1. war in E, O und F gemeldet. Am 05.06.2012 erfolgte der Auszug aus einer Wohnung in der H-str. 25, F. Für die Zeit vom 05.06.2012 bis zum 08.07.2014 ist nicht aktenkundig, wo die Antragstellerin zu 1. gemeldet war. Der Einzug in die Wohnung des Zeugen X L unter der Anschrift J 01, E erfolgte am 08.07.2014, wo die Antragstellerin mit einer Unterbrechung vom 16.03.2016 bis 29.09.2016 wohnhaft ist. Im Oktober 2016 reisten die Antragsteller zu 2. bis 4. unter der Mithilfe des Zeugen L in die Bundesrepublik Deutschland ein und leben seitdem bei der Antragstellerin zu 1. Die Antragsteller zu 2. und 3. besuchen das N-Gymnasium - Internationale Vorbereitungsklasse - in E. Der Antragsteller zu 4. besucht die Städtische Gemeinschaftsgrundschule G-straße in E. Die Aufnahme der Antragsteller zu 2. bis 4. in die vorgenannten Schulen erfolgte im Februar 2017.

Am 01.12.2016 schlossen die Antragstellerin und der Zeuge L einen "Arbeitsvertrag für geringfügig entlohnte Beschäftigte", wonach für den Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017 die Antragstellerin als Hausangestellte für "alle anfallenden Hausarbeiten" eingestellt werden sollte. Das monatliche Entgelt sollte 288,88 EUR betragen.

Am 30.01.2017 beantragten die Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Mit Bescheid vom 13.03.2017 bestätigte das Amt für Baurecht und Bauberatung eine mündliche Nutzungsuntersagung für die von den Antragstellern bewohnten Räumlichkeiten im Gebäude J 01, E. Um eine Gefahr für Personen, die sich im Gebäude aufhalten, abzuwehren, ist im Rahmen des Sofortvollzuges die Räumung und Versiegelung des Gebäudes am 07.03.2017 durchgeführt worden.

Am 22.03.2017 gab der Zeuge L vor dem Notar U Q, E folgende Eidesstattliche Versicherung ab:

"Ich habe Frau J S seit dem 08.07.2014 als Hauswirtschafterin eingestellt und beschäftige sie seither. Sie erhält dafür monatlich als Lohn 288,80 EUR. Sie erhält auch neben ihrem Lohn finanzielle Unterstützung durch mich, da das Jobcenter Zahlungen an sie nicht bewilligt hat. Bis heute habe ich insgesamt 34.800 EUR für Frau S und ihre Kinder aufgewendet, die ich auch durch Belege nachweisen kann."

Am 03.06.2017 schloss die Antragstellerin zu 1. einen Arbeitsvertrag mit Herrn B T J über eine Tätigkeit als Aushilfe/Reinigungskraft. Die monatliche Bruttovergütung betrage 440,70 EUR.

Am 25.09.2017 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Duisburg beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig den gesetzlichen "Grundbedarf" nebst Kosten der Unterkunft und Krankenversicherungsschutz zu gewähren. Sie befänden sich in einer prekären Situation, da das Einkommen der Antragstellerin zu 1. bei weitem nicht bedarfsdeckend sei. Eine finanzielle Unterstützung durch den Zeugen L erfolge nicht. Die Wohnräume unter der Anschrift J 01, E bewohnten die Antragsteller nur mit stillschweigender Duldung des Bauaufsichtsamtes. Ohne eine entsprechende Zusage des Antragsgegn...

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