Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung. Sperrzeitbeginn. sperrzeitbegründendes Ereignis. Eintritt der Beschäftigungslosigkeit. Ende des befristeten Beschäftigungsverhältnisses. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 11 AL 2/18 R

 

Orientierungssatz

Eine Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung gem § 159 Abs 1 S 2 Nr 7 SGB 3 beginnt mit dem ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit und nicht mit dem Tag, an dem die Arbeitsuchendmeldung spätestens hätte erfolgen müssen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.08.2018; Aktenzeichen B 11 AL 2/18 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 29. April 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit von einer Woche und eines entsprechenden Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs im Rahmen von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) im Zeitraum vom 1. bis zum 7. Juli 2014.

Der 1968 geborene Kläger stand nach einer von September 2008 bis April 2010 dauernden Arbeitslosigkeit und einer zwischenzeitlichen Tätigkeit als Maschinenführer im Zeitraum Mai 2010 bis März 2011 ab dem 26. Mai 2011 in einem zuletzt bis zum 30. Juni 2014 befristeten Arbeitsverhältnis als Produktionsmitarbeiter bei der F. GmbH, einem Produzenten und Vermarkter von Dimethylterephthalat (DMT) für die europäische Polyester-Industrie. Am 30. Mai 2014 meldete er sich bei der Beklagten arbeitsuchend.

Nach einer Anhörung vom 7. August 2014 bewilligte die Beklagte mit Bescheiden vom 19. August 2014 für den Zeitraum vom 8. Juli 2014 bis zum 29. Juni 2015 Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich EUR 37,96 und setzte gleichzeitig für den Zeitraum vom 1. bis zum 7. Juli 2014 eine Sperrzeit fest wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III.

Den hiergegen mit der Begründung, der Arbeitgeber habe eine Verlängerung des Arbeitsvertrags mündlich offen gelassen und von einer verbesserten Auftragslage abhängig gemacht, eingereichten Widerspruch des Klägers vom 26. August 2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2014 zurück. Der Kläger habe Kenntnis von der Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2014 gehabt und sich daher spätestens drei Monate vor der Beendigung, mithin spätestens am 31. März 2014 arbeitsuchend melden müssen. Diese Pflicht bestehe nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut auch bei einem in Aussicht gestellten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Mit einer am 29. Oktober 2014 beim Sozialgericht Hannover (SG) anhängig gemachten Klage wendete sich der Kläger gegen die Sperrzeitfeststellung und begehrte die Arbeitslosengeldzahlung für den streitigen Zeitraum vom 1. bis zum 7. Juli 2014. Beginn und Ende der Sperrzeit seien fehlerhaft festgesetzt, weil die einwöchige Sperrzeit bei einer später als drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgten Arbeitsuchendmeldung mit dem Tag der verspäteten Meldung beginne. Dies gelte auch, wenn ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs nicht eintrete, weil die Arbeitslosigkeit erst nach Ablauf der Sperrzeit beginne. Der Sperrzeitbeginn könne auch nicht zu Lasten des Klägers auf den Beginn der Arbeitslosigkeit verlegt werden. Die Sanktionierung laufe gleichwohl nicht ins Leere, weil es zu einer Verkürzung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes komme.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. April 2015 abgewiesen. Der angefochtene Sperrzeitbescheid sei rechtmäßig, weil die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit gemäß § 159 Abs. 1 SGB III vorlägen. Der Kläger sei gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 SGB III verpflichtet gewesen, sich spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, also spätestens am 31. März 2014, bei der Beklagten arbeitsuchend zu melden. Dies habe der Kläger ohne wichtigen Grund unterlassen, weil es ihm weder unzumutbar noch unmöglich gewesen sei. Ein wichtiger Grund liege auch nicht in der nach Angaben des Klägers vom damaligen Arbeitgeber in Aussicht gestellten Weiterbeschäftigung. Unerheblich sei insoweit, ob der Kläger ggf. irrtümlich vom Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgegangen sei, weil dieser nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) objektiv zu beurteilen und eine irrtümliche Bewertung nicht beachtlich sei. Einen etwaigen Irrtum habe der Kläger zudem durch Inanspruchnahme einer rechtzeitigen Beratung durch die Beklagte vermeiden können. Die Sperrzeit beginne gemäß § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III mit dem Tag nach dem die Sperrzeit begründenden Ereignis. Dies sei bei der verspäteten Arbeitsuchendmeldung der erste Tag der Beschäftigungslosigkeit, weil anderenfalls die einwöchige Sperrzeit regelmäßig in den Zeitraum der noch andauernden Beschäftigung fiele und daher zu keinem Zeitpunkt eintreten könne. Das Urteil könne mit der Berufung nicht angefochten werden, jedoch die Nichtzulassung der Berufun...

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