Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante. Einstiegsgeldanspruch. keine Förderungsfähigkeit mangels versicherungspflichtiger Beschäftigung im Sinne der Vorschrift

 

Orientierungssatz

Die Beschäftigung auf der Grundlage einer Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante nach § 16d S 1 SGB 2 aF (§ 16e SGB 2 nF) stellt keine (sozial-)versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 16b Abs 1 S 1 SGB 2 dar, sodass Einstiegsgeld nicht gewährt werden kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.03.2021; Aktenzeichen B 4 AS 59/20 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 06. Mai 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Bewilligung von Einstiegsgeld.

Am 24. Februar 2010 beantragte die 1957 geborene Klägerin, gelernte Erzieherin, bei dem Jobcenter Uecker-Randow (Rechtsvorgänger des Beklagten - nachfolgend nur Beklagter) die Bewilligung von Einstiegsgeld wegen einer neu aufzunehmenden Beschäftigung ab dem 01. März 2010 beim Arbeitslosenverband Deutschland in C-Stadt. Das Arbeitsverhältnis war zum 28. Februar 2011 befristet. Es kam auf der Grundlage einer bewilligten Maßnahme zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten mit Entgelt zustande. Voraussetzung des Arbeitsvertrages war die tatsächliche Förderung der Maßnahme (vgl. Arbeitsvertrag vom 24.02.2010). Als Vergütung war ein Bruttoentgelt in Höhe von 990,00 € vereinbart.

Mit Bescheid vom 24. März 2010 lehnte der Beklagte die Gewährung von Einstiegsgeld ab. Zur Begründung führte er aus, Einstiegsgeld könne gemäß § 16b SGB II für die Aufnahme für die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit auf dem 1. Arbeitsmarkt gewährt werden. Bei einer Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante handele es sich um keine Beschäftigung im Sinne der Arbeitslosenversicherung. Es würden zwar Abgaben zur Kranken- und Rentenversicherung gezahlt, aber nicht zur Arbeitslosenversicherung. Es handele sich um eine geförderte Maßnahme des Jobcenters Uecker-Randow und damit nicht um eine Eingliederung auf dem ersten allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern handele sich um eine Tätigkeit auf dem zweiten Arbeitsmarkt.

Mit dem am 18. April 2010 erhobenen Widerspruch wandte die Klägerin ein, es liege eine förderungsfähige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 16b Abs. 1 SGB II vor. Das Arbeitsentgelt liege über 400,00 € und Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung seien abzuführen. Alle Merkmale eines Beschäftigungsverhältnisses, wie insbesondere Weisungsgebundenheit seien gegeben. Auch Tätigkeiten im Rahmen einer geförderten Arbeitsgelegenheit gemäß § 16d SGB II seien als vollwertige Arbeitsverhältnisse anzusehen. Schließlich sei auch der Sinn und Zweck des Einstiegsgeldes, nämlich die Förderung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, gewahrt. Das Einstiegsgeld habe auch in dieser Konstellation Anreizfunktion.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02. September 2010 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Es mangele bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen, da keine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen worden sei. Die Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit mit Entgelt nach § 16d SGB II begründe ein Arbeitsverhältnis ohne Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung. Damit liege kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 16b Abs. 1 Satz 1 SGB II vor.

Hiergegen hat die Klägerin am 04. Oktober 2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Neubrandenburg erhoben. Zur Klagebegründung hat sie ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsschreiben wiederholt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 24. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. September 2010 zu verpflichten, ihren Antrag auf Gewährung eines Einstiegsgeldes unter Beachtung der Rechtauffassung des Gerichtes zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat der Beklagte auf seinen Widerspruchsbescheid verwiesen.

Mit Urteil vom 06. Mai 2014 hat das SG der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Gewährung eines Einstiegsgeldes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu bescheiden. Es liege ein Ermessensfehlgebrauch vor, da der Beklagte trotz Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen sein Ermessen nicht ausgeübt habe. Es habe nach damaliger Rechtslage noch ein förderungsfähiges Arbeitsverhältnis vorgelegen. Zwar habe es sich um eine Arbeitsgelegenheit mit Entgeltvariante gehandelt, die mit öffentlichen Mitteln gefördert worden sei und mithin nicht zur Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung geführt habe. Es sei jedoch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber bereits vor Inkrafttreten des § 16d Abs. 7 Satz 2, 1. Halbsatz SGB II...

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