Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Datenübermittlung des Maßnahmeträgers der Eingliederungsleistung an die Arbeitsagentur

 

Orientierungssatz

1. Der Maßnahmeträger der Eingliederungsleistung übermittelt der Agentur für Arbeit die nach § 61 SGB 2 zulässigen Daten über die dem Hilfebedürftigen erbrachte Eingliederungsleistung. Diese berühren zwar das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Leistungsempfängers aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG; aber sie sind hinzunehmen, wenn sich die Datenübermittlung auf die für die Leistungserbringung erheblichen Daten beschränkt.

2. Solange die Übermittlung der Daten der Sicherung und Verbesserung der Vermittlungstätigkeit dient, um die Leistungsfähigkeit des Empfängers realistisch einschätzen zu können, ist sie verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie dient letztlich der Vermeidung ungerechtfertigter Leistungen aus Steuermitteln.

3. Hinsichtlich unrichtiger Angaben hat der Leistungsempfänger einen Berichtigungsanspruch gegen den Maßnahmeträger. Auch steht dem Betroffenen die Möglichkeit offen, durch eine Gegendarstellung seine Sicht der Dinge aktenkundig zu machen.

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Löschung - hilfsweise Berichtigung - von Daten, die von einem Maßnahmeträger an die Beklagte übermittelt wurden.

Der Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 - unterbrochen durch eine dreimonatige befristete Tätigkeit - Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Beklagten. Ab dem 1. November 2006 nahm der Kläger eine Arbeitsgelegenheit als "Web-Designer" bei der C. GmbH auf. Diese Maßnahme endete für den Kläger zum 30. Juli 2007 mit einer fristlosen Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens durch die C. GmbH.

Am 30. August 2007 sprach der Kläger bei der Beklagten vor, um gegen die Beurteilung durch die C. GmbH - welche der Beklagten zu diesem Zeitpunkt nicht vorlag - Widerspruch einzulegen. Er wurde dahingehend unterrichtet, dass er eine Sanktion nicht zu befürchten habe, da bei der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung vorgelegen habe. Aus Sicht der Arbeitsvermittlung sei eine Weiterbeschäftigung des Klägers in der Computerschule jedoch nicht sinnvoll.

Am 4. September 2007 wendete sich die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagte und beantragte die Löschung der anlässlich der Kündigung seitens der C. GmbH gefertigten Beurteilung der Person des Klägers in dem entsprechenden Abschlussbericht.

Am 10. September 2007 wurde diesbezüglich ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Hamburg gestellt. Mit Beschluss vom 14. September 2007 (Az.: S 32 AS 1978/07 ER) lehnte das Sozialgericht den Antrag ab. Die Datenübermittlung sei nach § 61 SGB II geboten und gerechtfertigt. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht sei insoweit zur Vermeidung ungerechtfertigter Leistungen aus Steuermitteln eingeschränkt. Ein Berichtigungsbegehren sei an den Maßnahmeträger zu richten; gegenüber der Beklagten könne der Kläger seine Einwände im Rahmen eines Sanktionsverfahrens geltend machen.

Der Antrag auf Löschung bzw. Berichtigung der Daten wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 12. November 2007 abgelehnt unter Hinweis darauf, dass eine Auseinandersetzung über die Beurteilung mit dem Maßnahmeträger geführt werden müsse und zudem die Möglichkeit einer Gegendarstellung bestehe. Der Widerspruch vom 12. Dezember 2007 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2007 zurückgewiesen.

Mit seiner am 21. Januar 2008 erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Die Daten seien nach § 84 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu löschen. Die Datenübermittlung könne insbesondere nicht auf die Vorschrift des § 61 SGB II gestützt werden, weil diese zu weitgehend sei und daher gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoße. Die Vorschrift werde in Nordrhein-Westfalen aus diesem Grund auch nicht angewendet.

Mit Gerichtsbescheid vom 24. März 2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung wurde auf den zwischen den Beteiligten im Eilverfahren ergangenen Beschluss des Sozialgerichts vom 14. September 2007 (S 32 AS 1978/07 ER) Bezug genommen. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass sich die von dem Kläger eingeführten Ausführungen des Datenschutzbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen zu § 61 SGB II auf dessen Anwendbarkeit auf Maßnahmen nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB II a.F. bezögen. Auch die Ausführungen des Klägers bezögen sich zu einem großen Teil hierauf. An einer solchen Maßnahme habe der Kläger indes nicht teilgenommen. Es handele sich hier vielmehr um eine Maßnahme nach § 16 Abs. 3 SGB II a.F. Für diese Maßnahmen sei § 61 SGB II aber unzweifelhaft anwendbar. Ob die Art der Datenübermittlung wegen der zu befürchtenden weiteren Übermittlung an Dritte rechtmäßig ist, sei nicht Gegenstand des Verfahrens, denn die Übermittlung erfolge nicht durch d...

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