Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen eines Anspruchs auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gegenüber dem Sozialhilfeträger

 

Orientierungssatz

Voraussetzung für einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung ist nach § 42 Nr. 2 i. V. m. § 30 Abs. 5 SGB 12 eine gesundheitliche Einschränkung des Hilfebedürftigen, die eine besondere Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher sind, als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (BSG Urteil vom 14. 2. 2013, B 14 AS 48/12 R). Eine kostenaufwändige Ernährung besteht nur bei einer notwendigen besonderen, von der Vollkost abweichenden Ernährungsform.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 24.02.2022; Aktenzeichen B 8 SO 22/21 BH)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung eines Mehrbedarfs nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der 1987 geborene Kläger ist erwerbsunfähig und erhält bzw. erhielt von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung sowie Eingliederungshilfe in Form der sog. Ambulanten Sozialpsychiatrie.

Mit ärztlicher Bescheinigung seines Hausarztes vom 28. August 2018 beantragte der Kläger in Ergänzung seines Grundsicherungsanspruches die Gewährung eines Mehrbedarfes für eine kostenaufwändige Ernährung nach dem SGB XII. Der Arzt bescheinigte dem Kläger als Erkrankungen eine Neurodermitis und eine Follikulitis. Aufgrund der Hauterkrankungen und einer begleitenden Magen-Darm-Störung sei eine zucker- und kuhmilch-(Lactose) reduzierte Kost notwendig.

Nach Beteiligung des Gesundheitsamtes lehnte die Beklagte die Bewilligung eines Mehrbedarfes mit Bescheid vom 13. September 2018 ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2019 zurück. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des Gesundheitsamtes unter Bezugnahme auf Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. kam die Beklagte zu der Überzeugung, dass keine Notwendigkeit für eine kostenaufwändige Ernährung gegeben sei. Die für die Erkrankung des Klägers angezeigte Ernährung sei nicht mit erhöhten Kosten verbunden. Im Vordergrund stehe eine nach Verträglichkeit abgewandelte Normalkost durch Weglassen bestimmter Nahrungsmittel.

Der Kläger hat hiergegen am 9. April 2019 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat beim behandelnden Hausarzt Dr. T. einen Befundbericht eingeholt, nach dem eine erhebliche Follikulitis/Psoriasis/Rosazea/Akne und gastritische Beschwerden vorlägen; das Ganze vor dem Hintergrund einer schweren psychotischen Störung mit Fixierung auf körperliche Symptome.

Mit Gerichtsbescheid vom 2. Juli 2020 - nach entsprechender Anhörung - hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Voraussetzung für einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 42 Nr. 2 SGB XII i.V.m. § 30 Absatz 5 SGB XII sei eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordere, deren Kosten höher („aufwändiger“) seien als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall sei. Da eine Vollkosternährung vom Regelbedarf gedeckt ist, besteht eine kostenaufwändige Ernährung grundsätzlich nur bei einer besonderen, von der Vollkost abweichenden Ernährungsform. Die hier einschlägigen und auch von der Beklagten herangezogenen Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe dienten hier als wichtige Orientierungshilfe. Das Gericht gehe mit Vorlage des Befundberichtes des behandelnden Hausarztes davon aus, dass der Kläger unter diversen Hauterkrankungen und auch einer gastritischen Störung leide, bei der - so der Hausarzt in der Antragsbescheinigung - auch eine zucker- und milchreduzierte Kost geboten sei. Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger eine spezielle, von der Vollkost abweichende Ernährung erforderlich sei, lägen aber nicht vor, weshalb über die Einholung eines aktuellen Befundberichtes auch keine weiteren medizinischen Ermittlungen geboten seien. Selbst bei einer einfachen, hier nicht ausdrücklich festgestellten Laktoseintoleranz sähen die als Orientierungshilfe anerkannten Empfehlungen des Deutschen Vereins keine spezielle Diät vor, sondern es werde eine auf das Beschwerdebild angepasste vollwertige Ernährung empfohlen. Nach den Erhebungen des Deutschen Vereins sei damit aber in der Regel keine kostenaufwändigere Ernährung verbunden. Das Gericht schließe sich dieser Schlussfolgerung bei Fehlen konkreter ärztlich empfohlener Behandlungsschritte - wie hier - an.

Der Kläger hat am 4. August 2020 Berufung gegen den ihm am 8. Juli 2020 zugestellten Gerichtsbescheid eingelegt. Er hat einen Atemtest-Befund der A.-Klinik vom 24. November 2020 vorgelegt, nach dem „V.a. Lactoseintoleranz“ attestiert wird, und seinen Standpunkt erneut erläutert.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Hamburg vom 2. Juli 2020 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. September 2018 in Gestalt des Wid...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge