Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung der Rentner. Wohnsitznahme in Spanien. Kündigung der inländischen freiwilligen Krankenversicherung. Aufnahme einer privaten Krankenversicherung im Ausland. Zugang zur Auffang-Pflichtversicherung bei Rückkehr nach Deutschland. keine Tatbestandsgleichstellung nach Art 5 Buchst b EGV 883/2004. Letzte Krankenversicherung. Territorialitätsprinzip. Freizügigkeit. Feststellungsklage. Feststellungsinteresse

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Rentner, der in Deutschland freiwillig gesetzlich krankenversichert war, diese kündigt, sich in Spanien niederlässt und sich dort privat versichern muss, ist, sofern § 5 Abs 8a SGB 5 nicht eingreift, bei erneuter Rückkehr nach Deutschland gemäß § 5 Abs 1 Nr 13a SGB 5 gesetzlich krankenversichert; die Versicherungszeit in Spanien hindert nicht das Merkmal "zuletzt gesetzlich krankenversichert", auch nicht nach Art 5 Buchst b EGV 883/2004 in Sinne der Tatbestandsgleichstellung.

 

Normenkette

SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 13, Abs. 8a; SGB IV § 3 Nr. 2; SGB I § 30 Abs. 1; VO (EG) 883/2004 Art. 5; AEUV Art. 48; SGG § 55 Abs. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.06.2016; Aktenzeichen B 12 KR 14/14 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18.3.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1) des Urteils des Sozialgerichts wie folgt gefasst wird:

“Es wird festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 1.9.2007 bis 7.6.2008 bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert war.

Es wird festgestellt, dass der Kläger bei einer künftigen Wohnsitznahme oder einem künftigen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist.„

Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger vom 1.9.2007 bis 7.6.2008 Mitglied der Beklagten war und bei einer beabsichtigten Rückkehr aus Spanien künftig sein wird.

Der 1942 geborene Kläger ist Rentner und war bei der Beklagten vom 1.9.2001 bis 30.6.2002 freiwillig krankenversichert. Mit am 26.4.2002 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben aus Spanien teilte der Kläger dieser mit, er werde zum 30.6.2002 die Mitgliedschaft bei der Beklagten kündigen, melde sich nach Spanien ab und werde sich dort privat versichern (DKV). Die Versichertenkarte legte er bei. Eine entsprechende Kündigungsbestätigung nach § 175 Abs. 4 S. 3 SGB V zum 30.6.2002 durch die Beklagte stammt vom 29.4.2002.

Mit Schreiben vom 14.8.2007 gab der Kläger der Beklagten bekannt, er werde ab 1.9.2007 wieder in Deutschland, S., wohnen und begehre die erneute Mitgliedschaft bei ihr. Er habe bei der DKV in Spanien gekündigt. In der Folge führte er aus, er habe 2002 bei der Beklagten die telefonische Auskunft erhalten, dass eine Weiterversicherung bei ihr, der Beklagten, für Spanien nicht möglich sei und er sich eine andere Versicherung suchen müsse. Nur deshalb habe er gekündigt und sich in Spanien privat versichert. Da er im September 2007 wieder nach Deutschland zurückkehren werde, bitte er um Aufnahme bei der Beklagten, weil die private Versicherung in Deutschland seine finanziellen Möglichkeiten übersteigen würde. Vor dem 1.7.2002 habe er mit dem damaligen Sachbearbeiter telefoniert, der ihm diese wohl falsche Auskunft gegeben habe. Dieser Mitarbeiter habe ihm mitgeteilt, er solle kündigen, was er dann auch getan habe. Eine Korrespondenz hierüber gebe es nicht.

Mit Bescheid vom 29.11.2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Mitgliedschaft bei ihr ab. Der Kläger habe eine Anwartschaftsversicherung zur Wahrung der Möglichkeit der Wiederaufnahme in ihrer freiwilligen Versicherung nicht beantragt. Eine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei nicht möglich, weil auf den Status während des Auslandsaufenthalts abzustellen sei. Diese Auffangversicherung gelte nur dann, wenn der Betreffende in dieser Zeit bei einem Träger der Krankenversicherung im Sinne der EWG-Verordnung (VO) 1408/71 versichert gewesen sei. Der Kläger sei aber im Ausland privat versichert gewesen, daher gelte diese Auffangversicherung nicht. Die in Spanien abgeschlossene private Krankenversicherung sei mit einer Krankheitskostenversicherung nach § 178b VVG (Anm.: a.F.) vergleichbar.

Den Widerspruch des Klägers, den die Beteiligten darin sahen, dass der Kläger eine Überprüfungsbitte nebst Widerspruch an das Bundesversicherungsamt in Durchschrift dem Bundesgesundheitsministerium und der Beklagten zukommen ließ, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.5.2008 unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Argumentation zurück. Nach den 2002 geltenden Bestimmungen ihrer Satzung hätten nur Arbeitnehmer, deren Mitgliedschaft durch Beschäftigung im Ausland geendet habe, die freiwillige Mitgliedschaft bei ihr, der Beklagten, wählen können. Dies sei beim Kläger nicht der Fall gewesen. Es könne nicht nachvollzogen werden, ob 2002 tatsächlich ein Telefonat mit einem Sachb...

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