Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5. Berücksichtigung einer Versicherung im EU-Ausland

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Prüfung, ob der Kläger zuletzt gesetzlich krankenversichert im Sinne des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V war, ist eine Versicherung im EU-Ausland im zeitlichen Geltungsbereich der VO (EWG) 1408/71 (juris: EWGV 1408/71) nicht zu Lasten des Betroffenen einzubeziehen.

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 25.6.2015 sowie der Bescheid der Beklagten vom 6.7.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.2012 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger seit dem 1.4.2007 Mitglied der Beklagten wegen einer Versicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V ist.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) seit dem 1.4.2007.

Der 1952 geborene Kläger, deutscher Staatsangehöriger, war vom 1.1.1998 bis zum 29.10.1999 wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld bei der Beklagten pflichtversichert. Vom 30.10.1999 bis zum 30.6.2002 wohnte er in Spanien. Ab dem 1.7.2002 begründete der Kläger seinen Hauptwohnsitz wieder in Deutschland und lebt überwiegend hier.

Am 23.4.2012 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V und gab an, er habe bis jetzt einen Zweitwohnsitz in Spanien; er sei “Privatier„; an regelmäßigen monatlichen Einnahmen habe er nur Zinseinnahmen von 2.000,-- € jährlich. Der Kläger legte eine Bescheinigung der DKV S vor, wonach er am 1.9.1997 eine private Versicherung mit dem Tarif DKV M abgeschlossen hatte, die ungekündigt sei. Dieser Tarif enthält laut Produktbeschreibung folgendes Konzept: 1. innerhalb des vertraglich gebundenen medizinischen Netzes (Cuadro Médico) Sachleistungsprinzip 100 %, 2. freie Arzt- und Krankenhauswahl sowohl in Spanien als auch im Ausland; Kostenerstattungsprinzip: 80 % Kostenerstattung innerhalb Spaniens, 90 % im Ausland. In der Produktbeschreibung ist der Leistungsumfang näher konkretisiert. Die zahnärztlichen Leistungen umfassen eine jährliche Mundpflege beim Zahnarzt sowie notwendige Zahnextraktionen. Wegen sonstiger zahnärztlicher Leistungen werden zahnärztliche Heilbehandlungen zu Sonderpreisen vermittelt. Im Kostenerstattungsmodus gibt es folgende Limitierungen pro versicherte Person: ambulante ärztliche Beratungen, Behandlungen und zusätzliche diagnostische Verfahren: 20.000,-- €; Krankenhausaufenthalte: insgesamt 185.000,-- €/Jahr; Aufenthaltskosten (Unterkunft, Verpflegung, Medikamente): 650,-- €/Tag; Arztkosten inklusive Chirurgie: 13.000,-- €; Kosten für Intensivmedizin: 13.000,-- €/Jahr. Der von der Versicherung umfasste Personenkreis beschränkt sich auf Personen mit ständigem Wohnsitz in Spanien. Die Versicherung ist auf das spanische Territorium begrenzt und sieht bei einem Aufenthalt von jeweils bis zu 90 Tagen im Ausland einen Notfallschutz durch die A -Gesellschaft E vor. Vom Versicherungsschutz ausgenommen sind Kriegsereignisse, öffentlich deklarierte Epidemien, Naturkatastrophen, Nuklearereignisse, Schönheitschirurgie, professionelle Sportausübung und die Ausübung gefährlicher Freizeitaktivitäten, Vorsatz, Alkohol- und Drogenmissbrauch, die Psychoanalyse sowie jede Art von Vorerkrankungen, außer wenn sie mit einem versicherungsmathematischen Zuschlag eingeschlossen sind. Außerdem bestehen folgende Limitierungen: 1. Höchstleistungsdauer von 60 Tagen/Jahr für Aufenthalt im Krankenhaus bei psychischen Erkrankungen, 2. Prothesen bis 12.000,-- € pro Versicherten/Jahr, 3. Reiseschutz im Ausland bis 12.000,-- €.

Durch Bescheid vom 6.7.2012 und Widerspruchsbescheid vom 24.10.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus: Die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V seien nicht erfüllt. Denn der Kläger habe aufgrund der Versicherung bei der DKV S in Spanien einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Unabhängig davon greife § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V nicht ein, weil der Kläger zuletzt privat versichert gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) seien Versicherungszeiten innerhalb der Europäischen Union deutschen Zeiten gleichzustellen.

Am 7.11.2012 hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen: Die Versicherung bei der DKV S gewährleiste keine der deutschen Krankenversicherung vergleichbare Absicherung. Zudem sei sein Versicherungsschutz nicht mehr sichergestellt, seit er nicht mehr dauerhaft in Spanien seinen Lebensmittelpunkt habe. Er habe sich entschlossen, seinen dauerhaften Wohnsitz wieder in Deutschland zu begründen, da er sich um seine Eltern habe kümmern müssen. Durch Urteil vom 25.6.2015 hat das Sozialgericht (SG) Speyer die Klage abgewiesen und zur Begründung a...

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